Das Wirken der Unendlichkeit by Castaneda Carlos

Das Wirken der Unendlichkeit by Castaneda Carlos

Autor:Castaneda, Carlos [Carlos, Castaneda]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: S. Fischer Verlag
veröffentlicht: 2000-02-07T05:00:00+00:00


Jenseits der Sprache

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Ich lag in Don Juans Haus in Sonora im Bett und schlief tief und fest, als mich Don Juan weckte. Ich war praktisch die ganze Nacht wach gewesen und hatte über Ideen nachgegrübelt, die er mir erklärt hatte. »Du hast dich lange genug ausgeruht«, sagte er beinahe unfreundlich, während er mich an den Schultern schüttelte. »Überlaß dich nicht dem Gefühl, erschöpft zu sein. Es ist weniger Erschöpfung als dein Wunsch, in Ruhe gelassen zu werden. In dir lehnt sich etwas dagegen auf, gestört zu werden. Aber es ist sehr wichtig, daß du dich so lange zur Wehr setzt, bis der Widerstand gebrochen ist. Komm, wir wollen eine Wanderung machen.« Don Juan hatte recht. Es gab etwas in mir, das sich heftig dagegen auflehnte, nicht in Ruhe gelassen zu werden. Ich wollte tagelang schlafen und nicht mehr an Don Juans Vorstellungen von Zauberei denken. Sehr widerwillig stand ich auf. Don Juan hatte eine Mahlzeit zubereitet, die ich hinunterschlang, als hätte ich seit Tagen nichts gegessen. Dann verließen wir das Haus und gingen nach Osten in Richtung der Berge. Ich war noch immer völlig verschlafen und erst, als ich die Sonne sah, die direkt über den Bergen stand, bemerkte ich, daß es früh am Morgen war. Ich wollte eine Bemerkung darüber machen, daß ich so fest geschlafen hatte, ohne mich zu bewegen, doch Don Juan bedeutete mir, still zu sein. Er sagte, wir seien in die Berge aufgebrochen, um bestimmte Pflanzen zu suchen.

»Was hast du mit den Pflanzen vor, die du sammelst?« fragte ich, als wir schon eine Weile unterwegs waren.

»Sie sind nicht für mich«, antwortete er lachend. »Sie sind für einen Freund von mir. Er ist Botaniker und Apotheker. Er macht mit den Pflanzen Arzneitränke.« »Ist er ein Yaqui, Don Juan? Lebt er hier in Sonora?« fragte ich.

»Nein, er ist kein Yaqui und er lebt nicht in Sonora. Du wirst ihn irgendwann kennenlernen.«

»Ist er ein Zauberer, Don Juan?«

»Ja, das ist er«, erwiderte er trocken. Ich fragte ihn, ob ich ein paar der Pflanzen mitnehmen dürfe, damit sie im Botanischen Garten der UCLA bestimmt werden könnten.

»Gewiß, gewiß!« antwortete er.

Ich hatte in der Vergangenheit festgestellt, daß er immer dann, wenn er >gewiß< sagte, das Gegenteil meinte. Auch diesmal war es so. Er hatte keineswegs die Absicht, mir Pflanzen zu ihrer Bestimmung zu überlassen. Ich wurde sehr neugierig auf seinen Freund, den Zauberer, und bat Don Juan, mir mehr über ihn zu erzählen, ihn vielleicht zu beschreiben oder mir zu sagen, wo er lebte und wie er ihn kennengelernt hatte.

»He! He! He!« rief Don Juan, als sei ich ein Pferd. »Halt, halt! Wer bist du? Professor Lorca? Willst du sein kognitives System studieren?«

Wir drangen weit in die trockenen Ausläufer der Berge vor. Don Juan ging stundenlang ohne Pause. Ich hatte schließlich den Eindruck, die Aufgabe des Tages bestehe darin, einfach zu gehen. Schließlich hielt er an und setzte sich an der schattigen Seite eines Hügels auf den Felsen.

»Es ist Zeit, daß du mit einem der größten Vorhaben der Zauberei beginnst«, sagte Don Juan.



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