Das Nest der Schlangen by Andrea Camilleri

Das Nest der Schlangen by Andrea Camilleri

Autor:Andrea Camilleri [Camilleri, Andrea]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Lübbe
veröffentlicht: 2018-11-13T10:53:01+00:00


Elf

»Ah Dottori! Ah Dottori Dottori!«

Wenn Catarella auf diese Weise lamentierte, konnte das nur eines heißen: Der Signori e Questori hatte angerufen. Der Polizeipräsident hatte allerdings schon einmal angerufen, und da hatte Montalbano ihm ausrichten lassen, dass er nicht im Büro sei. Nun konnte er sich nicht länger verleugnen lassen.

»Was wollte er?«

»Er hat gesagt, ich soll Ihnen sagen, sobald Sie tun, was die Madonna tut …«

Der Commissario stutzte.

»So hat er es gesagt?«

»Nicht haargenau genauso, Dottori, aber weil ich vergessen habe, was der Signori e Questori tatsächlich gesagt hat, hab ich mir gedacht, wenn ich die Madonna ins Spiel bringe, wird Ihnen schon einfallen, was der Signori e Questori gesagt hat. Wissen Sie, was ich meine?«

»Nein.«

»Entschuldigen Sie, Dottori, wenn die Frage klingt wie in der Religionsstunde, aber was macht die Madonna?«

»Sie wirkt Wunder.«

»Nein, Dottori. Ich bitte um Verständlichkeit und Vergebnis, aber da liegen Sie falsch. Der Signori e Questori hat rein gar nichts von Wundern gesagt. Aber er hat von dem gesprochen, was auch die Madonna von Lurz in Frankreich gemacht hat.«

Montalbano hatte eine Eingebung, vielleicht dank der Madonna von Lourdes.

»Sie ist erschienen?«

»Sie haben’s, Dottori! Haargenau das ist es. Der Signori e Questori hat gesagt, ich soll Ihnen sagen, sobald Sie persönlich selber hier im Büro erscheinen, sollen Sie ihn alsbaldig anrufen.«

»Ist gut, ich ruf ihn später an. Ist Fazio da?«

»Er ist vor Ort.«

»Dann soll er zu mir kommen.«

»Hier bin ich, Dottore.«

»Hör mal, Fazio, erinnerst du dich, dass ich direkt nach Barlettas Ermordung gesagt habe, dass ich alles über ihn und seinen Sohn Arturo wissen will?«

»Natürlich.«

»Über Barletta weiß ich jetzt einiges, aber Arturo ist uns, glaube ich, ein wenig aus dem Blickfeld geraten.«

»Stimmt, aber inzwischen hab ich alles zurechtgerückt.«

»Wie meinst du das?«

»Dass ich mich gestern um ihn gekümmert habe.«

»Bravo! Und? Hast du was rausgekriegt?«

»Ja.«

Fazio hielt inne und machte ein verlegenes Gesicht.

»Darf ich auf den Zettel in meiner Tasche schauen?«

»Falls du vorhast, mir in deiner bescheuerten Manie irgendwelche meldeamtlichen Daten vorzulesen, schlag es dir aus dem Kopf.«

»Hab ich nicht.«

»Dann von mir aus.«

Fazio zog ein kariertes Blatt Papier aus der Tasche und betrachtete es.

»Erinnern Sie sich, dass Arturo gesagt hat, er sei verheiratet, aber kinderlos?«

»Ja.«

»Seine Frau, Michela Lollo …«

Und dann blitzschnell hintereinander weg:

»… Tochter von Giuseppe Lollo und Concetta Virzì, geboren am 24. April 1980 in Montelusa, wohnhaft in Vigàta in der Via …«

»Willst du mich verarschen?«, unterbrach ihn der Commissario. »Ist dir klar, was du da herunterratterst?«

»Verzeihung.« Fazio gab klein bei. »Ich habe mich verleiten lassen.«

Er steckte den Zettel ein.

Aber er war zufrieden. Wenigstens ein paar meldeamtliche Daten hatte er dem Commissario untergejubelt.

»Diese Michela ist offenbar eine Schönheit. Sie hat Arturo mit zweiundzwanzig geheiratet.«

»Wenn ich mich recht erinnere, kam Barletta mit seiner Schwiegertochter nicht besonders gut klar.«

»Nach meinen Recherchen lagen die Dinge ein wenig anders.«

»Nämlich?«

»Es war Arturo, der nicht wollte, dass seine Frau mit seinem Vater Kontakt hat.«

»Hatte er Angst, Barletta könne ihr zu nahe kommen?«

»Barletta war seiner Schwiegertochter schon so nahe gekommen, dass es näher nicht mehr geht.«

Montalbano horchte auf.

»Wirklich?«

»Dottore, die Hand dafür ins Feuer legen kann ich nicht, aber man munkelt, dass Arturo sich in Michela verliebt hat, als sie noch die Geliebte seines Vaters war.



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