Das Lied von Eis und Feuer by George R. R. Martin

Das Lied von Eis und Feuer by George R. R. Martin

Autor:George R. R. Martin
Die sprache: deu
Format: epub


TYRION

Der Eunuch trat durch die Tür, summte unmelodiös vor sich hin, war in eine wallende Robe aus pfirsichfarbener Seide gekleidet und roch nach Zitrone. Als er Tyrion sah, der am Kamin saß, blieb er stehen und wurde sehr still. »Mylord Tyrion«, brachte er fistelnd hervor und kicherte nervös.

»Ach, Ihr erinnert Euch also doch noch an mich? Ich hatte schon daran gezweifelt.«

»Es tut so gut, Euch gesund und wieder bei Kräften zu sehen.« Varys setzte sein aalglattes Lächeln auf. »Obwohl ich gestehen muss, in meinen bescheidenen Gemächern nicht mit Euch gerechnet zu haben.«

»Sie sind wirklich ausgesprochen bescheiden.« Tyrion hatte gewartet, bis Varys zu seinem Vater gerufen wurde, ehe er sich einschlich. Die Räumlichkeiten des Eunuchen waren drei winzige, karge, fensterlose Kammern unter der Nordmauer. »Ich hatte gehofft, schlüpfrige Geheimnisse zu entdecken, während ich warte, aber ich habe kein einziges Stück Papier gefunden.« Auch nach Geheimgängen hatte er gesucht, da er wusste, dass die Spinne Möglichkeiten haben musste, ungesehen zu kommen und zu gehen, doch dabei hatte er ähnlich wenig Erfolg gehabt. »Es war immerhin Wasser im Krug, bei den gnädigen Göttern«, fuhr er fort, »Eure Schlafzelle ist nicht breiter als ein Sarg, und dieses Bett … ist es tatsächlich aus Stein gemacht oder fühlt es sich nur so an?«

Varys schloss die Tür und verriegelte sie. »Ich werde von Rückenschmerzen geplagt, Mylord, und ziehe es vor, auf einer harten Unterlage zu schlafen.«

»Eigentlich hätte ich Euch eher für einen Mann des Federbetts gehalten.«

»Ich stecke eben voller Überraschungen. Zürnt Ihr mir, weil ich Euch nach der Schlacht verlassen habe?«

»Dadurch habe ich Euch schon beinahe zu meiner Familie gezählt.«

»Es hat nichts mit mangelnder Liebe zu tun, mein guter Lord. Ich habe ein so zart fühlendes Gemüt, und Eure Narben sind so schrecklich anzuschauen …« Er schauderte übertrieben. »Eure arme Nase …«

Tyrion rieb sich gereizt die Nase. »Vielleicht sollte ich mir eine neue aus Gold anfertigen lassen. Was für eine Nase würdet Ihr mir empfehlen, Varys? Eine wie Eure, die Geheimnisse aufspürt? Oder soll ich dem Goldschmied sagen, ich wünschte die Nase meines Vaters?« Er lächelte. »Mein edler Vater arbeitet so fleißig, dass ich ihn kaum mehr zu Gesicht bekomme. Sagt mir, will er tatsächlich Grand Maester Pycelle wieder in den kleinen Rat einsetzen?«

»Ja, Mylord.«

»Habe ich das meiner süßen Schwester zu verdanken?« Pycelle war das Geschöpf seiner Schwester; Tyrion dagegen hatte dem Mann Amt, Bart und Würde abgenommen und ihn in eine schwarze Zelle geworfen.

»Nicht im Mindesten. Bedankt Euch bei den Erzmaestern von Oldtown, die auf Pycelles Wiedereinsetzung bestanden haben, da nur die Konklave berechtigt ist, einen Grand Maester zu berufen oder zu entlassen.«

Verfluchte Narren, dachte Tyrion. »Ich meine mich zu erinnern, dass der Henker von Maegor dem Grausamen drei Grand Maester mit der Axt entlassen hat.«

»Das stimmt durchaus«, sagte Varys. »Und der zweite Aegon verfütterte Grand Maester Gerardys an seine Drachen.«

»Leider habe ich keine Drachen. Vermutlich hätte ich Pycelle in Seefeuer tauchen und anzünden können. Hätte die Citadel das bevorzugt?«

»Nun, damit wärt Ihr gewissermaßen der Tradition gefolgt.« Der Eunuch kicherte. »Glücklicherweise obsiegten weisere Köpfe, und die Konklave hat Pycelles Entlassung akzeptiert und wählt nun seinen Nachfolger aus.



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