Titan 08 by Unknown

Titan 08 by Unknown

Autor:Unknown
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne SF
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Nenn mich Joe

(CALL ME JOE)

POUL ANDERSON

Der Sturm kam heulend aus der Dunkelheit im Osten, trieb eine Wolke Ammoniakkristalle vor sich her. In Minutenschnelle war Edward Anglesey geblendet.

Mit allen vier Füßen krallte er sich in die zerrissene Oberfläche, krümmte sich nieder und tastete nach dem kleinen Schmelzer. Der Wind heulte wie verrückt in seinem Kopf. Etwas schlug gegen seinen Rücken, ein entwurzelter Baum, der vom Sturm Hunderte von Meilen fortgewirbelt worden war. Ein Blitz zuckte, unermeßlich weit über ihm, wo sich die Wolken in der Nacht zusammenballten.

Wie um eine Antwort zu geben, erklang Donner über den Eisgipfeln, und ein rotes Flammenmeer schoß hoch. Eine Bergflanke zerbarst, ergoß sich ins Tal. Der Grund erzitterte.

Natriumexplosion, dachte Anglesey, als der Lärm auf ihn eindrang. Das Feuer und die Blitze gaben ihm genug Licht, um seine Geräte zu finden. Mit seinen muskulösen Händen packte er die Werkzeuge, und sein Schwanz ergriff den Schmelztrog. Dann kämpfte er sich zu dem Tunnel durch, der zu seinem Unterstand führte.

Dach und Wände bestanden aus Wasser, gefroren, da das Licht der Sonne hier viel zu schwach war, zusammengepreßt vom tonnenschweren Druck der Atmosphäre. Die Höhle bestand nur aus einem einzigen Raum und wurde von einem winzigen Rauchabzug belüftet. Eine Lampe, gespeist mit im Wasserstoff brennenden Baumöl, gab nur ein spärliches Licht.

Anglesey rekelte seinen schieferblauen Körper auf dem Boden, keuchte heftig. Es war sinnlos, den Sturm zu verfluchen. Gegen Sonnenuntergang kamen diese Ammoniakunwetter oft, und man mußte sie wohl oder übel durchstehen. Außerdem war er sowieso müde.

In ungefähr fünf Stunden würde der Morgen heraufdämmern. Er hatte gehofft, noch an diesem Abend seinen ersten Axtkopf gießen zu können, aber vielleicht war es besser, für diese Arbeit das Tageslicht abzuwarten.

Er nahm einen toten Zehnfüßler von einem Regal und aß das Fleisch roh, trank dazu ein paar ordentliche Züge flüssigen Methans aus einem Krug. Sobald er erst einmal anständiges Werkzeug besaß, würde es besser gehen; bislang mußte er alles mühsam mit Zähnen, Klauen, brauchbaren Eisstücken, die er dann und wann fand, und den gottserbärmlich weichen, furchtbar leicht zerbrechlichen Überresten des Raumschiffs in die richtige Form bringen. Noch ein paar Jahre, und er konnte endlich leben, wie es eines Mannes würdig war.

Er seufzte, streckte sich aus und schlief ein.

Etwas mehr als einhundertundzwölftausend Meilen entfernt nahm Edward Anglesey seinen Helm ab.

Blinzelnd schaute er sich um. Nachdem er von der Oberfläche des Jupiters zurückgekehrt war, machte es ihm immer ein wenig Kopfzerbrechen, sich hier in dem sauberen, ruhigen, ordentlich aufgeräumten Kontrollraum wiederzufinden.

Seine Muskeln schmerzten. Das durfte eigentlich nicht sein, schließlich hatte er ja nicht in Wirklichkeit gegen einen Sturm von mehreren hundert Meilen Geschwindigkeit angekämpft, unter der dreifachen Erdschwerkraft und Temperaturen von minus einhundertundvierzig Grad. Er war die ganze Zeit über hier gewesen, in der fast nicht spürbaren Gravitation von Jupiter V, hatte das normale Luftgemisch aus Sauerstoff und Stickstoff geatmet. Es war Joe, der dort unten lebte und seine Lungen mit Wasserstoff und Helium füllte, unter einem Druck, den man sich kaum vorstellen konnte; immerhin zerstörte er Aneroidbarometer und machte piezoelektrische Messungen unmöglich.

Nichtsdestotrotz fühlte sein Körper sich zerschunden und zerschlagen an.



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