Das Lied der Pferde by Ricarda Jordan

Das Lied der Pferde by Ricarda Jordan

Autor:Ricarda Jordan [Jordan, Ricarda]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Lübbe
veröffentlicht: 2018-01-15T00:00:00+00:00


KAPITEL 2

Aenlin erfuhr erst Genaues, als Rodrigo sie am nächsten Abend zu sich rufen ließ. Auch an diesem Tag hatte sie die Annehmlichkeiten der Frauengemächer weidlich genossen, die Gartenanlagen erforscht und erste Kontakte zu den Musikerinnen im Harem geknüpft. Sie würde mit ihnen musizieren, falls sie länger blieb – was möglich war, schließlich hatte sie keine Kenntnis darüber, wie sich das Leben christlicher Söldner an den Höfen maurischer Herrscher gestaltete. Würde Rodrigo ein eigenes Haus beziehen oder die Quartiere der Ritter teilen? Sie selbst wusste nicht recht, was sie sich wünschen sollte. Der Harem war durchaus verlockend, nach der Freiheit, die sie in ihrem Haus in León genossen hatte, würde es ihr jedoch schwerfallen, sich erneut mit einem goldenen Käfig abzufinden. Zudem waren die Frauengemächer überfüllt, und Aenlin schätzte es, gelegentlich allein zu sein.

Aber vor allem war da Meletay. Den Ehefrauen und Favoritinnen der Herren des Harems war vieles erlaubt – tief verschleiert gestattete man ihnen mitunter sogar Ausflüge in die Basare der Stadt oder zu Picknicks am Fluss. Ein eigenes Pferd, das sie beliebig zu Ausritten nutzen durften, war jedoch undenkbar. Solange Aenlin im Harem weilte, würde sie die Ställe nicht betreten dürfen, und sie würde auch mit keinem anderen Mann in Berührung kommen als ihrem Herrn. Sie würde die Gespräche mit Don Alvaro fast ebenso vermissen wie die Ritte mit Meletay.

Rodrigo zerstreute allerdings schnell ihre Bedenken. »Wir werden nicht bleiben«, erklärte er. »Ich tauge nicht zum Höfling, erst recht nicht hier, wo man in dem Honig fast ertrinkt, vor dem die Sprache trieft.«

Aenlin musste lachen. Besser hätte sie die übertriebenen Lobpreisungen und Höflichkeitsfloskeln kaum beschreiben können, von denen jeder Satz begleitet wurde, den man an den Emir richtete.

»Ich finde ein Haus für uns in der Stadt oder bitte den Emir, mir eines zu stellen. Al-Muqtadir ist sehr bemüht, es mir recht zu machen. Er und sein Sohn Al-Mutaman, der hier sehr bald die Herrschaft übernehmen wird. Ich glaube, es war seine Idee, mich anzuwerben.«

»So ist der Emir auf dich zugegangen?«, wunderte sich Aenlin. »Du bist gar nicht erst nach Barcelona geritten?«

Sie hatte Rodrigo eben sehr glücklich gemacht – es war ihre erste wirklich entspannte Begegnung seit seiner Rückkehr aus Toledo, und er genoss ihre Künste und die besondere Atmosphäre des Harems, in der sie ihn empfing. Die Räume dufteten nach Blütenessenzen und Zimt, sie öffneten sich in kleine Innenhöfe, in denen Springbrunnen wisperten. Von irgendwo im Harem erklang leise Musik, die bis in die Privaträume zu erahnen war. Nun lag Rodrigo befriedigt auf dem Rücken, von Kissen gestützt, naschte Trauben und nippte an süßem Wein. Aenlin fühlte sich sicher genug, die vertrauliche Anrede zu benutzen und ihrem Herrn möglicherweise unbequeme Fragen zu stellen.

»Natürlich bin ich nach Barcelona geritten«, erklärte Rodrigo. Seine Stimme wurde scharf, und seine Stirn umwölkte sich. »Doch dieser Hund, dieser Graf Berengar, wollte mich kaum anhören. Er mische sich nicht in die Angelegenheiten König Alfons’, ließ er mir bestellen, und als ich auf einer Audienz bestand, erklärte er mir frech ins Gesicht, er möge keine Unbotmäßigkeiten bei seinen Männern.



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