Das Erbe der Apothekerin by Karla Weigand

Das Erbe der Apothekerin by Karla Weigand

Autor:Karla Weigand [Weigand, Karla]
Die sprache: deu
Format: mobi
Tags: Historical, Fiction
ISBN: 3453408462
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 2011-10-19T00:00:00+00:00


KAPITEL 28

AUS DEM MITHÖREN wurde jedoch nichts. Berta kehrte aus der Kirche zurück, wo sie die Abendandacht besucht hatte, und entdeckte den Spion an der Salontür. Unmissverständlich winkte sie Betz mit dem Finger, ihr umgehend in die Küche zu folgen.

»Schämst du dich eigentlich gar nicht?« Sie war regelrecht erzürnt über den jungen Burschen. »Das hätte ich dir wahrlich nicht zugetraut, dass du heimlich unseren Herrn ausforschen willst!«

»Aber, nein, Frau Berta! So ist es doch gar nicht! Wer, glaubt Ihr wohl, ist gerade bei Herrn Julius in der Stube?«

Die resolute Haushälterin, nicht gewillt, Rätsel zu raten, hatte bald heraus, um wen es sich bei dem Besucher handelte.

»Nicht möglich! Dieser schlechte Mensch wagt es, hierher zu kommen? Na, dem wird unser Herr hoffentlich die Meinung sagen! Diesem Betrüger hat Frau Lena es zu verdanken, dass sie für fremde Leute als Hilfskraft arbeiten muss, anstatt in ihrer eigenen Apotheke zu stehen! Ihr Oheim hat sie schlichtweg betrogen. Sein verstorbener Bruder würde sich im Grabe umdrehen, erführe er von dieser Schandtat. Dazu hat er doch tatsächlich versucht, sie im Kloster einzusperren, damit er alle Freiheiten hat, über ihr übriges Erbe zu verfügen. Über ihr schönes Haus in Ravensburg zum Beispiel.«

»Ihr wisst aber gut Bescheid, Frau Berta«, wunderte sich Betz.

»Frau Lena und ich sind sehr gute Freundinnen«, erwiderte die Haushälterin kurz angebunden, und der Junge unterdrückte ein Grinsen. Er erinnerte sich noch gut jüngst vergangener Zeiten, zu denen das noch ganz anders gewesen war …

Die ältere Frau und der junge Bursche hingen einen Augenblick ihren Gedanken nach. Was mochte der Mensch bloß wollen? Betz kam eine erschreckende Idee:

»Er wird doch nicht etwa verlangen, dass Lena mit ihm nach Ravensburg zurückkehrt?«

Berta winkte ab. »Das würde Herr Julius niemals zulassen. Er ist Jurist und kennt sich mit den Gesetzen aus. Er wusste genau, was er tat, als er seiner Base Unterschlupf gewährte. Von einem kleinen Dreckapotheker – denn mehr ist der Scheitlin nie gewesen – lässt sich unser Herr nichts vorschreiben. Im Gegenteil! Dieser Erbschleicher kann sich darauf gefasst machen, dass Doktor Zängle jetzt ganz andere Saiten aufzieht.«

Das hoffte der Junge von ganzem Herzen. Denn ohne sein großes Vorbild, seine innig verehrte Lena, käme er sich hilflos und verloren vor.

»Wenn man nur wüsste, was die beiden besprechen«, murmelte er bedrückt. Da hatte Berta eine Idee.

»Ich gehe einfach in die Stube und frage den Herrn ganz unbefangen, ob ich das Nachtmahl anrichten soll. Dann nütze ich die Gelegenheit und verweile ein bisschen im Zimmer, indem ich vorgebe, etliche Dinge geraderücken zu müssen. Möglich, dass ich dabei etwas aufschnappe.«

Betz’ Miene erhellte sich sichtlich. »Das ist sehr gut, liebe Frau Berta. Mich hat der Herr nämlich aus dem Zimmer geschickt. «

Als die ältere Frau kurz darauf in die Küche zurückkehrte, schüttelte sie den Kopf mit der feinen schwarzen Samthaube, die sie noch vom Kirchgang her aufhatte.

»Nein, zu essen soll ich nichts machen. Ihm sei der Appetit gründlich vergangen, hat Herr Julius gesagt. Das spricht doch Bände! Der Scheitlin wollte gleich protestieren – wahrscheinlich knurrt ihm der Magen. Aber unser Herr will ihn offenbar nicht bewirten.



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