Das Ende der Freiheit by Speyer Eugen

Das Ende der Freiheit by Speyer Eugen

Autor:Speyer, Eugen [Speyer, Eugen]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-8042-3004-0
Herausgeber: Boyens Buchverlag


56

Sonnabend, 3. Juni

Aufmerksam suchte Reinhold Rode vom Dachboden des Meldorfer Doms aus mit den Augen die Gegend im Norden der Stadt ab. Er hatte einige Dachziegel herausgenommen und durch das Loch einen hervorragenden Rundblick gewonnen. Aber das Morgengrauen erlaubte noch nicht die gewünschte Sicht.

Plötzlich zuckte er zusammen und starrte aufmerksam zum Galgenberg hinüber. Schemenhaft stapelten dort fremde Gestalten emsig Holzscheite für mehrere Lagerfeuer aufeinander. Es mussten die Dänen sein! So fuhr es ihm blitzartig durch den Kopf. Die eigenen Truppen konnten es nicht sein. Zwar waren in der Nacht erneut 500 bewaffnete Bauern abgezogen worden und ins Freie Richtung Süderhamme abmarschiert, erinnerte sich Rode. Aber die restlichen Dithmarscher Krieger lagen nunmehr verteilt in der ganzen Stadt in verschiedenen Wällen und Schanzen in Deckung.

Mit einem Mal sah Rode auf dem Galgenberg die ersten Feuer aufflammen. Erschrocken machte er in deren flackerndem Schein eine Entdeckung, die ein ungutes Gefühl in ihm auslöste. Die Dänen warfen riesige Schanzen auf und bestückten sie mit schweren Geschützen. Nach und nach wurde Rode klar, dass sich vor ihm nicht eine kleine feindliche Einheit für den ursprünglich erwarteten Scheinangriff fertig machte. Tatsächlich bereitete sich da drüben das dänische Hauptheer für den Sturm auf Meldorf vor.

Je heller der Morgen wurde, desto deutlicher konnte Rode beobachten, wie es von Norden bis Süden überall auf den Weiden, Feldern und in den Wäldern um Meldorf nur so von Soldaten, Pferden und Wagen wimmelte. Stimmengewirr, metallisches Klirren, Gelächter, Flüche und Pferdewiehern erfüllten die Luft. Staunend verfolgte er mit seinen Blicken, wie eine Schar eifriger Soldaten vier außergewöhnlich große, mit Goldborden und Fahnen geschmückte Turmzelte aufstellte. Bestimmt eins für den König, zwei für die Herzöge und ein viertes für den Oberkommandierenden Johann Rantzau, wie Rode an dem Familienwappen der Rantzaus erkannte. Anscheinend plante das dreckige Pack eine Belagerung, dachte er.

Schnell sah er seinen Irrtum ein. Denn während noch auf dem Galgenberg beim Zeltaufbau wie wild gehämmert wurde, entdeckte Rode unten an der Miele nahe Hesel die erste Feindbewegung. Ein dänischer Pioniertrupp näherte sich der bereits stark beschädigten Brücke, die tags zuvor von den Meldorfern vorsorglich eingerissen worden war. Grinsend und voller Genugtuung konnte sich Rode nicht satt genug daran sehen, wie die Meldorfer vom diesseitigen Ufer aus mit anhaltenden Salven aus Gewehren und Feldgeschützen den Feind begrüßten und in die Flucht jagten. Der schwenkte nach Westen ab, vermutlich um einen neuen Übergang in die Stadt zu suchen. Ein erster Sieg!, triumphierte Rode. Wenn auch nur ein bescheidener, schränkte er gleich ein. Eilig verließ er seinen Beobachtungsstand, um sich selbst in die Verteidigungslinien einzureihen. Für ihn gab es keinen Zweifel mehr: Die Schlacht um Meldorf hatte begonnen. Wenn auch vorerst nur mit kleinen blutigen Scharmützeln.

*

200 bewaffnete Dithmarscher lauerten, angeführt von Reinhold Rode, hinter einem kleinen Hügel vor dem Moorgebiet im Norden Meldorfs auf eine bestimmte feindliche Truppeneinheit. Rode hatte vom Kirchendach aus gesehen, dass die zurückgeschlagenen dänischen Schanzen- und Brückenbauer von der eingerissenen Mielebrücke auf der Suche nach einem neuen Übergang nach Westen ausgewichen waren. Als Ortskundiger wusste er aber ganz genau, dass sie bei ihrem Ausweichmanöver ein heimtückisches Moor durchqueren mussten.



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