Das Atlantis-Gen by A. G. Riddle

Das Atlantis-Gen by A. G. Riddle

Autor:A. G. Riddle
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 2015-05-29T11:13:12+00:00


70

Immaru-Kloster

Autonomes Gebiet Tibet

David schlief noch, als Kate in sein Zimmer zurückkehrte. Sie setzte sich auf das Fußende des Bettes in der Nische und sah aus dem Fenster. Die Ruhe, die von diesem Ort ausging, war unvergleichlich. Sie sah zu David. Er wirkte fast genauso friedlich wie das grüne Tal und die weißen Berggipfel. Kate lehnte sich gegen die Wand und streckte ihre Beine neben seinen aus.

Als sie das Tagebuch aufschlug, fiel ein Brief heraus. Das Papier fühlte sich so alt und spröde an wie Qians Haut. Die Buchstaben zogen sich in dicker schwarzer Tinte über das Blatt, und sie spürte den Abdruck auf der Rückseite, als wäre es Brailleschrift. Kate las laut, weil sie hoffte, David könnte es hören und darin Trost finden.

An die Immaru,

ich bin zu einem Vasall der Gruppe geworden, die Ihnen als Immari bekannt ist. Ich schäme mich für die Dinge, die ich getan habe, und ich bin in Sorge um die Welt, weil ich weiß, was sie planen. Zu diesem Zeitpunkt, im Jahre 1938, scheinen sie unaufhaltsam. Ich bete, dass ich mich irre. Für den Fall, dass dem nicht so ist, sende ich Ihnen dieses Tagebuch. Ich hoffe, es hilft Ihnen, das Armageddon der Immari zu verhindern.

Patrick Pierce

15. November 1938

15. April 1917

Lazarett der Entente

Gibraltar

Als ich vor einem Monat an der Westfront aus dem Tunnel gezogen und in dieses Lazarett gebracht wurde, dachte ich, ich wäre gerettet. Aber dieser Ort frisst mich von innen auf wie ein Krebsgeschwür, zunächst still und unbemerkt, dann stürzt er mich mit einem Mal in ein dunkles Elend, aus dem es kein Entrinnen gibt.

Zu dieser Stunde ist es ruhig im Lazarett, und dann ist es am unheimlichsten. Die Geistlichen kommen jeden Morgen und jeden Abend, beten, nehmen die Beichte ab und lesen bei Kerzenlicht vor. Jetzt sind sie alle gegangen, genau wie die Krankenschwestern und Ärzte.

Aus meinem Zimmer heraus kann ich sie in der großen offenen Station mit den Bettreihen hören. Männer schreien – die meisten vor Schmerz, aber manche auch, weil sie Albträume haben –, andere weinen, reden oder spielen im Mondlicht Karten und lachen, als würden nicht ein halbes Dutzend Männer noch vor Sonnenaufgang sterben.

Sie haben mir ein Einzelzimmer gegeben. Ich habe nicht darum gebeten. Aber man kann die Tür schließen und die Schreie und das Gelächter aussperren, und ich bin froh darüber, denn ich will beides nicht hören.

Ich greife nach der Flasche mit dem Laudanum und trinke, bis es mir über das Kinn läuft, dann versinke ich in der Nacht.

Die Ohrfeige reißt mich aus dem Schlaf, und aus einem unrasierten Gesicht grinst mich ein lückenhaftes verfaultes Gebiss gemein an. »Er is wach!«

Bei dem grässlichen Gestank von Alkohol und Krankheit dreht sich mir der Magen um.

Zwei andere Männer zerren mich aus dem Bett, und ich schreie vor Schmerz, als ich mit den Beinen aufschlage. Ich winde mich auf dem Boden und kämpfe gegen die Ohnmacht an, während sie lachen. Ich will wach sein, wenn sie mich töten.

Die Tür wird geöffnet, und ich höre die Stimme der Krankenschwester. »Was ist hier …«

Sie packen sie und schlagen die Tür zu.



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