Be a Bayer · In 20 Schritten zur höchsten Lebensform by Wild Beate

Be a Bayer · In 20 Schritten zur höchsten Lebensform by Wild Beate

Autor:Wild, Beate [Wild, Beate]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbuch
ISBN: 9783280055656
Herausgeber: Orell Füssli Verlag
veröffentlicht: 2015-04-02T00:00:00+00:00


12 Zwider und grantig.

Emotionen zeigen wie ein Bayer.

Genauso inbrünstig wie der Bajuware gemütlich sein kann, genauso eingehend ist er grantig. Es sind gar diese beiden Grundstimmungen, die sein Lebensgefühl ausmachen. Ach, es wohnen halt zwei Seelen in des Bayern Brust.

Grantig sein ist eine Philosophie, eine bestimmte Art, das Leben im Allgemeinen und sein eigenes Schicksal im Besonderen zu sehen. Der Bayer ist von Geburt an eher ein Pessimist. Die Dinge, die ihn stören, sieht er schneller und deutlicher als das, was ihm gefällt. Mit dieser Grundeinstellung findet er laufend Sachen, an denen er herummäkeln kann. Da mag das Wetter noch so schön und der Himmel noch so blau sein, bestimmt ist es ihm zu heiß oder er hat Kopfweh vom Föhn. Seine schlechte Laune lässt der Grantler dann gerne an unschuldigen Mitmenschen aus.

Vor kurzem konnte der Bichler Manni seinen Führerschein nicht mehr finden. Also schaute er notgedrungen im Landratsamt seiner oberbayerischen Gemeinde vorbei, um einen neuen zu beantragen. Am Schalter saß ein älterer, grimmig dreinschauender Beamter, den der Manni als seinen Nachbarn, den Enzinger Herbert identifizierte. Dieser schaute nur kurz auf, drosch weiter missmutig auf seinen Computer ein und händigte ihm wortlos ein Formular aus. Als der Manni den Zettel ausgefüllt hatte, sagte der Enzinger: »Passbuidl?« – »Hob i koans. Habt’s ihr an Automaten?«, fragte der Manni. Mit einer leichten Kopfbewegung deutete der Enzinger zum Ausgang. »Wo? Da draußen?« Der Beamte sagte kein Wort, sondern wiederholte nur seine Kopfbewegung.

Nachdem der Manni nach einer Viertelstunde den Automaten endlich gefunden hatte und mit einem Passbild zurückkam, sagte der Enzinger: »Personalausweis.« »Oh je, den hob i jetzt dahoam vergessen«, fiel es dem Manni ein, »aber Sie kennen mi doch, Herr Enzinger, ich wohn doch neben Eana.« »Des mog scho sei, aber ohne Ausweis konn i nix macha«, raunzte dieser. »Bitte, Herr Enzinger, Sie wissen doch, wer i bin«, versuchte es der Manni noch einmal. »Des scho«, sagte der Enzinger trotzig, »aber es geht ned.«

Also fuhr der Manni nochmal los, um zu Hause seinen Personalausweis zu holen. Als er eine Stunde später wieder beim Amt ankam, schaute ihn der Enzinger kurz an und schloss dann den Schalter. »Was machen Sie denn? Herr Enzinger! Sie können doch jetzt nicht Feierabend machen? Es ist doch erst fünf vor Vier!«, rief der Manni entsetzt. »Bei mir is scho Viere«, sagte der Enzinger nur, drehte sich um und ging von dannen.

Solche Subjekte wie den Enzinger trifft man im Freistaat immer wieder. Man bezeichnet sie als Berufsgrantler oder Zwiderwurzn, da sie gar nicht anders können, als chronisch zwider (zuwider, also widerwärtig) und schlecht gelaunt zu sein. Wenn Sie auf jemanden treffen, der seine Gemütslage so offen auslebt wie der Herr Enzinger, dann reizen Sie in besser nicht und gehen ihm, wenn möglich, aus dem Weg. In der Auseinandersetzung mit einem solchen Beruftsgrantler ziehen Sie, so wie der Manni, immer den Kürzeren.

Aber es gibt auch Gelegenheitsgrantler, die lediglich situativ oder tageweise grantig sind. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Entweder haben sie schlecht geschlafen, am Tag zuvor zu tief ins Glas geschaut oder ihnen ist sonst eine Laus über die Leber gelaufen.



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