Abschottung by Tim Marshall

Abschottung by Tim Marshall

Autor:Tim Marshall [Marshall, Tim]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783423434706
Herausgeber: dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
veröffentlicht: 2018-08-20T16:00:00+00:00


Nicht alle Grenzen Indiens sind so umstritten, dass man sie mit Zäunen versehen müsste. Indien und Bhutan pflegen enge Beziehungen, und da Indien 98 Prozent der Exporte Bhutans abnimmt, denkt keine Seite an eine »Befestigung« der Grenze. Die Beziehungen zwischen Indien und Nepal sind zwar deutlich angespannter, vor allem nach einer vier Monate langen »Grenzblockade« 2015. Dennoch sieht Neu-Delhi keine Notwendigkeit, eine 1600 Kilometer lange Grenze abzuzäunen, zumal es seinen Einfluss im Nachbarland wahren und kein Vakuum entstehen lassen möchte, das – und das wissen die Inder sehr genau – die Chinesen nur zu gerne auffüllen würden.

Was China betrifft, gibt es eine natürliche Grenze in Gestalt des Himalaya, der die beiden Länder entlang des größten Teils der 4000 Kilometer langen gemeinsamen Grenze trennt. So sind die beiden größten Völker der Welt auf natürliche Weise weitgehend voneinander abgeschottet. Einen Zankapfel allerdings gibt es zwischen beiden, und das ist der indische Bundesstaat Arunachal Pradesh, auf den China Anspruch erhebt. Zu Feindseligkeiten an der Grenze hat dieser Disput hingegen bisher nicht geführt. Dennoch überwacht China die Grenze mit Dutzenden weltraumgestützter Satelliten.

Problematisch wird es dagegen wieder an der Grenze zwischen Indien und Pakistan. Seit der Teilung sind die bilateralen Beziehungen belastet, entsprechend ist dies eine ausgesprochen »heiße« Grenze. Indien hat eine rund 550 Kilometer lange Barriere entlang der umstrittenen Waffenstillstandslinie innerhalb von Kaschmir errichtet, einer Region, auf die beide Länder als Teil ihres souveränen Territoriums Anspruch erheben. Das meiste davon liegt in einem etwa 140 Meter breiten Streifen auf der von Indien kontrollierten Seite und besteht aus einem bis zu 3,60 Meter hohen Doppelzaun. Er ist ähnlich ausgestattet wie der Zaun zwischen dem Bundesstaat Westbengalen und Bangladesch, mit Bewegungssensoren und Wärmebildkameras, jeweils angeschlossen an eine Kommandozentrale, die bei Bedarf eine schnelle Verlegung von Grenztruppen an die kritischen Bereiche veranlassen kann. Das Gelände zwischen den beiden Zäunen ist vermint.

1947 bekamen die Bundesstaaten im Rahmen des Indian Independence Act die Wahl, sich Indien oder Pakistan anzuschließen oder aber eigenständig und unabhängig zu werden. Maharadscha Hari Singh, der Herrscher in Kaschmir, war Hindu, sein Volk dagegen mehrheitlich muslimisch. Der Maharadscha entschied sich für die Neutralität und entfesselte damit einen von Pakistan unterstützten Aufstand der Muslime, was wiederum zur Folge hatte, dass der Maharadscha Kaschmir den Indern zusprach. Und so kam es zu einem ausgewachsenen Krieg: Am Ende wurde das Territorium geteilt, allerdings ist beiderseits der Trennlinie die Mehrheit der Bevölkerung muslimisch. Es folgte ein weiterer Krieg 1965, und im Jahr 1999 kam es zu schweren Zusammenstößen zwischen indischen Streitkräften und von Pakistan unterstützten Gruppen. Inzwischen besaßen beide Länder Atomwaffen, so wurde die Verhinderung eines großen Konflikts noch dringlicher. Ein schwelender Aufstand auf der von Indien kontrollierten Seite Kaschmirs setzt sich bis heute fort. Gelegentlich droht dieser erbitterte Disput zwischen den beiden Mächten aus dem Ruder zu laufen. Gespräche kommen und gehen, es gibt Gesten der Freundschaft, oftmals in Form von Cricket-Matches, aber Indien ist zu dem Schluss gekommen, dass es bis zur endgültigen Lösung der Kaschmir-Frage am besten für die Wahrung des Friedens sei, Barrieren zu bauen.



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