Abgerippt by Fischer Gerd

Abgerippt by Fischer Gerd

Autor:Fischer, Gerd [Fischer, Gerd]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Krimi/Thriller
Herausgeber: mainbook
veröffentlicht: 2014-11-07T23:00:00+00:00


Etwa eine Stunde später, der Abend war inzwischen angebrochen, saß Rauscher auf einem Stuhl in der Studentenbude vor Inga Lenze, die mit umklammerten, angezogenen Beinen und starrem Blick auf einer abgeranzten Ledercouch kauerte und in Lethargie versunken zu sein schien. Ihre Augen sahen aus, als habe sie noch vor kurzem geweint. Ihr Freund Carsten Schilling scharwenzelte um sie herum. Seine Arme, stellte Rauscher mit Erstaunen fest, waren von oben bis unten tätowiert. Rauscher erkannte auf Anhieb einen Totenkopf, eine mystische Fratze im indonesischen Stil und eine Art Marterpfahl. Schilling hatte Inga Lenze in den letzten drei Minuten bestimmt viermal gefragt, ob sie etwas trinken oder sonst etwas haben wollte. Die Studentin hatte jedes Mal den Kopf geschüttelt, war aber stumm geblieben. Schließlich gab Schilling Ruhe, ging nach nebenan und ließ die beiden im Zimmer allein.

Das Gespräch mit seiner Mutter und Elkes Anruf bei ihr hatten Rauscher gehörig aus dem Konzept gebracht, aber er versuchte sich zu konzentrieren und wandte sich der Studentin zu. „Also Frau Lenze, was ist da heute passiert?“

Sie hob den Kopf ein Stück. „Was meinen Sie?“ Ein leichtes Schluchzen begleitete ihre Worte.

„Schildern Sie bitte mal, wie das heute abgelaufen ist. Warum sind Sie überhaupt in die Wohnung gegangen?“

„Weil es ungewöhnlich war, dass die Tür offen stand. Das war seit mehreren Wochen nicht mehr der Fall gewesen. Als ich die Treppe runtergelaufen bin, dachte ich, nanu, und wollte nachsehen, ob jemand drin war, und … und …“ Sie zog die Nase hoch.

„Dann haben Sie die Tote entdeckt.“

„Nicht sofort. Ich bin ein paar Schritte in den Flur gegangen und habe ‚Hallo, ist da jemand?‘ gerufen oder so ähnlich. Aber es hat niemand geantwortet.“

„Und weiter?“ Rauscher ging das zu langsam voran.

„Ich habe mich gewundert und wollte schon wieder gehen, aber plötzlich hatte ich so ein merkwürdiges Gefühl. Es war so still und … da war auch so ein Geruch … Also bin ich weitergegangen und als ich dann im Durchgang zum Wohnzimmer, also dem ehemaligen meine ich natürlich, um die Ecke linste, stach mir sofort die riesige Blutlache ins Auge … Die Tote hab ich nur noch verschwommen wahrgenommen, weil mir die Beine irgendwie weggeknickt sind. Ich bin auf die Knie gefallen und kam nicht mehr hoch. Ich glaube, dann habe ich nur noch geschrien …“ Jetzt schüttelte sie unablässig mit dem Kopf.

„Das muss Herr Paul gehört haben, der uns verständigt hat.“

„Weiß ich nicht.“ Sie zuckte mit den Achseln.

„Als Sie in die Wohnung kamen, war außer Frau Grün niemand sonst da?“

„Nein, ich hab jedenfalls niemanden bemerkt. Es ging aber zum Schluss auch so schnell, und irgendwann war ich dann wie weggetreten.“

„Ist Ihnen noch irgendwas aufgefallen?“

Sie schüttelte den Kopf.

„Haben Sie etwas gehört? Wie jemand weggerannt ist? Zur Tür raus? Oder die Treppe runter?“

„Ich weiß nicht, aber ich glaube nicht. Das hätte ich auch nicht wahrgenommen, weil ich da schon völlig neben mir stand.“

Ist ja nicht sehr ergiebig, dachte Rauscher und bohrte nach. „Haben Sie etwas angefasst?“

„Nein.“

„Etwas verändert?“

„Auch nicht.“

„Bei den Ermittlungen kann uns alles helfen, bitte denken Sie noch einmal nach.“ Doch Frau Lenze schwieg.



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