2.02 Der fluesternde Riese by Joachim Masannek

2.02 Der fluesternde Riese by Joachim Masannek

Autor:Joachim Masannek [Masannek, Joachim]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783838726700
Google: iYvs0sEfkIkC
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2013-06-20T22:00:00+00:00


Ich sah das Grinsen in den Augen der Jungen, die sich in Trauben um uns versammelten. Ich spähte kurz zu Vanessa hinüber. Auch die lachte und staunte, und das machte mir Mut. Ich war auf dem richtigen, dem gefährlichen Weg. Dann rief ich Has Bink, alias Leon, ließ meine Wangen schlackern und streckte die Zunge aus meinem Mund.

„Huh! BRRRRRRRR! Hasssss Binx! Du bissssst der nächssssssste!“

Und Leon ließ sich nicht zweimal bitten. Er fand meine Vorstellung gar nicht witzig.

„Dafür bring ich dich um!“

Er stürzte sich auf mich, und während er mich in einem wütenden und giftgrünen Bürstengefecht aus dem Kaufhaus hinaus auf die Straße trieb, machten die anderen Kerle das Gleiche. Sie sprangen Klobürsten-kämpfend hinter uns her, und so tobten wir vier Stunden durch die Stadt. Vier wilde Stunden, in denen selbst Leon den Spaß wiederfand und mich am Ende lachend umarmte.

„Hey Brüderchen Klugscheißer, das war einfach genial. Und wenn es das nicht war, so war es auf geniale Art immerhin lustig.“

Doch ob das der Kaufhausdirektor genauso empfand, konnte keiner von uns sagen. Deshalb kehrten wir nach den vier Stunden mit klopfendem Herzen ins Kaufhaus zurück. Dort fing man uns ab, schleuste uns durch den Seiteneingang in den obersten Stock und schubste uns ins Direktorenbüro.

Das war noch größer als eine Halle, und an ihrem Ende saß vor den riesigen Fenstern auf seinem Schreibtisch: der Schwarze Baron35.

„Kopfkissen-gezuzelte-Zipfelangst. Das ist ja die Hexe … ähm, ich mein: Hallo meine Mama.“ Nerv glaubte zu träumen. Er schaute mich an. Er flehte mich an, dass ich ihn aufwecken sollte. „D-das ist meine Hexe!“

„Und ich hab gedacht“, versuchte ich meine Fassung wiederzufinden, „dass Sie jeden Tag ins Gefängnis gehen. Dass Sie da die Hexe sind, ähm, ich meine, die Chefin.“

Nervs Mutter hüstelte trocken und leise, und in die nachfolgende Stille hüstelte sie:

„Skyjumper Lou. Und Has Anakin Vader. Was habt ihr aus meinen Osterhasis gemacht? Die gibt es jetzt schon seit 15 Jahren.“

Wir schluckten und schnieften und fühlten uns so, als hätten wir das Christkind gegen einen Ork ausgetauscht.

„Wisst ihr eigentlich, wofür Ostern steht?“

„Huh!“, stöhnte ich. „Die Frage ist mächtig.“

Doch Leon stellte sich schützend neben mir auf. „An Ostern geht es einfach um alles.“

„Ja“, nickte Maxi und tat es ihm gleich. Er stellte sich auf die andere Seite. „Da geht es um Glauben und Auferstehung und Tod.“

„Nein. An Ostern stand Jesus von den Toten auf“, beeilte sich Juli und stellte sich Schulter an Schulter zu Leon.

„Nachdem man ihn gekreuzigt hatte“, schluckte Markus und nahm den Platz neben Maxi ein.

„An Ostern vertrieb man die Geister des Winters. Da wollte man leben!“, strahlte Raban, der Held, und legte den Arm über Julis Schulter.

„Ja, genauso wie wir!“, rief der begeisterte Nerv und drängte sich zwischen Leon und mich: „Wir wollen das auch, nachdem Willi und Billi und du uns im Teufelstopf gekreuzigt haben.“

Nervs letzter Satz wurde mit jedem Wort leiser und löste sich schließlich unter dem Hexenblick seiner Mutter in einem zaghaften Flüstern auf.

„Genau“, nickte sie. „So ist das an Ostern. Doch um zu leben, braucht man Geld. Und Geld heißt in meiner Welt: verkaufen.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.