Zwischen Herz und Verstand by Ina Sembt

Zwischen Herz und Verstand by Ina Sembt

Autor:Ina Sembt [Sembt, Ina]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783956091063
Herausgeber: édition el!es
veröffentlicht: 2015-04-21T16:00:00+00:00


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7. Dezember 2004

Liebe Solveig,

ich weiß überhaupt nicht, warum ich nicht schon früher mit Matthias gesprochen habe. Ich habe ihm vor ein paar Wochen erzählt, dass ich lesbisch bin (Gott, wie fremd das noch klingt – aber ich vermute, das wird anders, wenn ich es öfter ausspreche und denke, denn ich bin es ja schon lange), und er hat gesagt, dass er froh ist, nicht der Grund dafür zu sein, dass ich keine Beziehung habe. Er hatte sich nämlich die Schuld daran gegeben, dass ich keinen Partner habe. Jetzt weiß er, dass ich höchstens eine Partnerin mit nach Hause gebracht hätte. Und der Gedanke daran, dass Matthias nun weiß, dass ich Frauen liebe, fühlt sich gut an.

Matthias ist überhaupt ein toller Junge. Das Mädchen, das ihn einmal zum Freund hat, kann sich glücklich schätzen. Er ist so einfühlsam. Außerdem ist er sehr intelligent. Er ist viel besser in der Schule, als ich es war, und er hat feste Vorstellungen von seinem Leben. Demnächst macht er ein Praktikum, er ist gerade auf der Suche nach einer Praktikumsstelle. Er hat schon seit längerem den Wunsch, Psychologe zu werden. Das ist ein Zufall, was? Es ist aber gar nicht so leicht, eine Praxis zu finden, in der er nicht nur Büroarbeiten machen kann, sondern auch Klientenkontakt hat.

Ich freue mich darüber, dass du noch an unseren Nachmittag im Hyde Park denkst. Ich habe mir damals gewünscht, dieser Moment möge nie vergehen. Am liebsten hätte ich dich schon an dem Tag geküsst. Es ist mir danach sehr schwergefallen, dich nicht dauernd anzufassen. Du hast sicher gemerkt, dass ich immer wieder einen Vorwand gefunden habe, dich am Arm zu berühren, deine Hand zu nehmen, dich zu umarmen. Am liebsten hätte ich dich immer wieder in den Arm genommen und dir meine Liebe gestanden. Ich hatte damals aber große Angst vor deiner Zurückweisung.

Und einmal habe ich mich getraut, dir einen Kuss auf die Wange zu drücken, als wir in der Tube den beiden Mädels beim Singen und Saxophonspielen zugehört haben. Du hattest dich an mich gelehnt, und ich habe dich mit meinen Armen umfangen. Diesen Moment werde ich nie vergessen.

Vielleicht hast du ja noch einmal Lust, mir zu schreiben . . . Darüber wäre ich wirklich froh!

Deine Eva



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