Die den Sturm ernten by Lüders Michael

Die den Sturm ernten by Lüders Michael

Autor:Lüders, Michael
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Politik
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2017-02-02T16:00:00+00:00


Unter Räubern: Die Amerikaner glauben an «gute» Dschihadisten

Kaum hatte der Krieg in Syrien Fahrt aufgenommen, entstand im Februar 2012 auf Initiative des französischen Präsidenten Sarkozy die «Gruppe der Freunde des syrischen Volkes»,[47] in der sich die Gegner Assads, der Westen, die Türkei und arabische Staaten, zusammenschlossen. Unter Federführung Washingtons suchten sie, Assad zu stürzen. Damaskus wurde, wie in solchen Fällen üblich, mit Sanktionen überzogen, Assad zur Unperson schlechthin stilisiert («Schlächter», «Hitler»). Im Juni 2013 beschlossen die «Freunde» bei einem Treffen in Katar, syrischen Rebellen «bessere Waffen» zu liefern, darunter panzerbrechende Waffen und schultergestützte Flugabwehrraketen, sogenannte MANPADS.[48] Nach welchen Kriterien welche Rebellengruppen welche Waffen erhalten, ist nicht bekannt: Die «Freunde» haben sich ausdrücklich zur Geheimhaltung verpflichtet.[49] Ebenso wenig haben sie jemals erklärt, wie sie verhindern wollen, dass von ihnen gelieferte Waffen in die Hände von Dschihadisten fallen – unterstellt, man sähe darin ein Problem. Unbestritten ist, dass der Waffennachschub maßgeblich über die Türkei erfolgt. Alles Weitere verliert sich im Nebel der Diskretion: Wer bezahlt die Waffen? Die Golfstaaten? Die USA, die Europäer? Wer hat das Oberkommando bei dieser Aktion, gibt es überhaupt eins? Ist die CIA das entscheidende Bindeglied?

Der Beschluss vom Juni 2013 legitimiert, unter Umgehung der Vereinten Nationen, den offiziellen Kriegseintritt der «Freunde» in Syrien. Allerdings handelt es sich dabei um eine Eigenlegitimation, die Neuauflage einer «Koalition der Willigen» wie beim Irakkrieg. Ein völkerrechtliches Mandat haben die Kriegsgegner Assads nicht. Dessen sind sie sich selbstverständlich auch bewusst. Um dieses Manko auszugleichen, geschieht zweierlei. Zum einen werden die Gräueltaten des Assad-Regimes und das Leid der Zivilbevölkerung wie etwa bei der Schlacht um Aleppo 2016 bei jeder sich bietenden Gelegenheit angeprangert: Militärisch in Syrien nicht einzugreifen, den Menschen nicht zu helfen, wäre gewissermaßen unterlassene Hilfeleistung. Die große mediale Resonanz von Veröffentlichungen wie etwa dem Buch «Codename Caesar», das 2015/16 in mehreren Sprachen erschien, ist vor diesem Hintergrund zu sehen. «Caesar» ist der Deckname eines ehemaligen Fotografen der syrischen Militärpolizei, der zwei Jahre lang die Tausenden Folteropfer des Assad-Regimes zu fotografieren gezwungen war. Selbstverständlich gibt es an solchen Grausamkeiten nichts zu beschönigen oder zu relativieren. Solange in den Folterkellern des Regimes von der CIA überstellte Häftlinge nach 9/11 «befragt» wurden, hat deren Existenz jedoch keinen der «Freunde» gestört.

Und zum anderen dient der Kampf gegen den «Islamischen Staat» als Generalabsolution und «Deckmantel», etwa für die Luftaufklärung. Er wurde, wie erwähnt, im August 2014 aufgenommen, nach Ausrufung des IS-Kalifats, und nach den Terroranschlägen in Paris im November 2015 noch intensiviert. Zwar sind die Luftangriffe auf Stellungen des IS in Syrien nicht gegen das Regime gerichtet, doch lenken sie ab von den übrigen Aktivitäten. Völkerrechtlich dürfte kein Flugzeug der AntiIS-Koalition syrischen Luftraum ohne Einwilligung der Regierung in Damaskus nutzen. Die gibt es selbstverständlich nicht, nur kann das Assad-Regime wenig dagegen unternehmen. Auch Moskau bombardiert Stellungen der Dschihadisten und sieht sich, sehr zum Unbill der USA, als «aktiver Teilnehmer» der AntiIS-Koalition, wird aber in deren militärische Planungen nicht einbezogen. Unwillen erregt bei den Assad-Gegnern vor allem, dass die Russen nicht allein Stellungen des IS angreifen, sondern auch die von «pro-westlichen» Gotteskriegern.



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