Zwilling verzweifelt gesucht by Obrecht Bettina

Zwilling verzweifelt gesucht by Obrecht Bettina

Autor:Obrecht, Bettina
Die sprache: deu
Format: epub, azw3, mobi
veröffentlicht: 2014-02-24T05:00:00+00:00


Der nächste Tag ist ein Sonntag, keine Schule also, ein vollkommen entspannter Tag, wenn nicht so viel Anspannung in der Luft läge … Meine Eltern haben schon vor gefühlten Stunden mit Tellern geklappert. Rasmus steht mitten in der Küche auf eigenen Füßen, er verzieht angestrengt das Gesicht, reckt die Arme in die Luft und wackelt hin und her wie eine junge Tanne im Wind. Es herrscht andächtige Stille, denn meine Eltern achten darauf, ihn nicht beim Üben zu stören. Dummerweise stürmen in diesem Moment Mops und Moppel zur Tür herein: Sie springen begeistert an Rasmus hoch, wohl um ihm zu gratulieren: Nun bist du endlich ein richtiger Zweibeiner!

Plumps! Da sitzt Rasmus schon wieder auf dem Hintern. Markerschütterndes Gebrüll ist die Folge.

„Schmeiß die Hunde raus, Svenja“, murmelt mein Vater, ohne von der Zeitung aufzusehen.

Ich finde das ungerecht, weil es ja nicht die Hunde sind, die so laut brüllen. Sie haben nichts Böses getan. Aber weil man vor und beim Frühstück nicht diskutieren soll, rufe ich die beiden und öffne ihnen die Haustür, damit sie im Garten spielen können.

Jana zieht Rasmus auf die Füße und lässt ihn wieder los, worauf er sofort wieder hinplumpst. Jule schreit Jana an. Jana schreit Jule an. Jetzt zerrt Jule an Rasmus, aber der will nicht mehr aufstehen. Mama schickt Jule und Jana aus der Küche.

Jetzt schreit auch Robin, weil sowieso schon so viel geschrien wird. Papa verschüttet seinen Kaffee. Auf die Zeitung.

„Ich wollte die eigentlich auch noch lesen“, sagt Mama spitz.

Nur gut, dass Finn und Fabian noch nicht aufgestanden sind!

Eben in dem Moment, als ich diesen Gedanken denke, rumpelt und scheppert es im Stockwerk über uns. Wildes Geschrei. Papa verdreht die Augen und knallt die Kaffeetasse auf den Tisch. Mama seufzt. Ich schmiere mir im Rekordtempo eine Schnitte mit Butter und Frischkäse und renne einfach aus dem Haus. Das ist eigentlich nicht vorgesehen – meine Eltern legen Wert auf geregelte und gemeinsame Mahlzeiten – aber heute ist offenbar Stress vorprogrammiert, das kann ich nicht gebrauchen. Ich muss mir in Ruhe vorstellen können, wie es sein wird, endlich meinen eigenen Zwilling mit nach Hause zu bringen.

Hm, ich weiß natürlich nicht, ob diese Zwillingsschwester überhaupt bei uns wohnen möchte. Sie hat ja schon so eine Art Zuhause, und es könnte sein, dass es ihr dort gut gefällt. Gerade heute Morgen kann ich mir vorstellen, dass keiner freiwillig in unser Haus einziehen würde.

Mops steht vor der Tür und wedelt mit dem Schwanz, als ich komme.

„Nein, du darfst nicht wieder rein“, sage ich und sehe mich um. „Wo ist denn Moppel?“

Mops fiept und tippt mit der Pfote gegen die Haustür. Ich gehe ums Haus herum und rufe, aber Moppel ist nicht da. Mist, das Gartentörchen steht offen! Das hätte ich überprüfen müssen, als ich die Hunde rausgelassen habe.

Ist Moppel etwa weggelaufen? Ganz ohne Mops? Das kann ich mir nicht vorstellen. Die beiden sind doch unzertrennlich!

Ich gehe die Straße hinunter, rufe laut. Nichts. Mops macht überhaupt keine Anstalten, seinen Zwillingsbruder zu suchen. Er hat nichts anderes im Kopf, als wieder ins Küchenchaos zurückzukehren.



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