Zeit des Lavendels by Petra Gabriel

Zeit des Lavendels by Petra Gabriel

Autor:Petra Gabriel [Gabriel, Petra]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783845003801


14

Es dauerte eine Weile, bis sich Genoveva Rischacher aus der tiefen Bewusstlosigkeit des Schlafes emporgekämpft hatte. Dann endlich drang das wilde Klopfen an der Haustür in ihr Bewusstsein. Wahrscheinlich wieder jemand, der Katharinas Dienste als Heilerin brauchte, dachte sie und seufzte. Die Ärmste war in den letzten Tagen kaum noch zum Schlafen gekommen. Doch aus Katharinas Zimmer kam kein Laut. So stand sie seufzend auf und schlang sich den warmen Schal um die Schultern, der an einem Stuhl direkt neben dem Bett hing. Es war schon recht kalt für Ende Oktober, und sie fror in ihrem Nachthemd. Das Hämmern an der Haustür klang noch eine Spur dringender, und so eilte sie, so schnell sie konnte, die Treppe hinunter. Im Vorbeigehen sah sie, dass im Herd in der Küche noch Glut war. Es kam eine wohlige Wärme aus diesem Raum, und sie dachte sehnsüchtig an ihr molliges Bett. Da hörte sie die völlig hysterische Stimme von Katharina. Es dauerte einen Augenblick, bis sie begriff, dass die Worte von draußen kamen. »Genoveva, um der Liebe des Himmels willen, mach auf, mach schnell auf.« Wieder das wilde, verzweifelte Klopfen.

»Jesus«, murmelte Genoveva und drehte so schnell sie konnte den Schlüssel im schweren Schloss der Eichentüre. Noch im Öffnen hörte sie ein Wimmern.

»Himmel, Himmel hilf, er verblutet mir.«

Genoveva stieß einen Schreckensschrei aus. Vor ihr stand Katharina, völlig außer sich, mit verzweifelt geweiteten Augen, die Hände und die Schürze mit Blut verschmiert. Ihr zu Füßen lag Konz Jehle, offenbar bewusstlos. Aus seiner linken Seite strömte in Brusthöhe das Blut. Katharina musste ihren verletzten Mann allein bis vor die Haustüre geschleppt haben.

»Hilf mir, er muss sofort ins Haus, ich muss das Blut stoppen ...« Katharina konnte nur noch stammeln.

Genoveva fragte nicht lange, sondern half der zitternden Katharina, Konz Jehle in die Küche zu schleifen. Zu zweit zogen sie den schweren Mann durch den Hausflur. Jede hatte ihn unter einer Achsel gepackt, seine Füße schleiften über den Boden und machten Schlieren aus den Blutstropfen, die begannen, aus einem provisorischen Verband zu tropfen, der offenbar hastig um die Brust des Verletzten gewickelt worden war. Genoveva erkannte in den fleckigen Streifen Katharinas Unterrock.

In der Küche holte Katharina schnell mehrere Decken, eine rollte sie zusammen und bettete den Kopf ihres Mannes darauf. Dann rannte sie in ihr Zimmer. Binnen Sekunden war sie mit frischem, weißem Linnen für den Verband und einer Hand voll getrockneter, gemahlener Schafgarbe zurück sowie mit einem Tiegel mit Salbe aus Schweinefett mit indischer Aloe, Salbei und Ringelblume versetzt.

Genoveva hob Konz' Oberkörper, damit Katharina die blutigen Stofffetzen abwickeln konnte. Dann gab sie behutsam die Salbe und die Kräuter auf die Wunde und erneuerte den Verband. Der neue weiße Stoff färbte sich ebenfalls schnell rot. Katharina schüttelte den Kopf.

»Es reicht nicht, der Messerstich ist zu tief. Ich muss nähen. Traust du es dir zu, mir zu helfen? Du wirst ihn festhalten müssen. Doch zuerst müssen wir Konz auf den Küchentisch legen.«

Genoveva nickte. Sie sah, wie sehr die Hände von Katharina zitterten und wie sehr die junge Frau sich bemühte, sie unter Kontrolle zu bekommen.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.