Die Nonnen von Sant'Ambrogio: Eine wahre Geschichte (German Edition) by Hubert Wolf
Autor:Hubert Wolf [Wolf, Hubert]
Die sprache: deu
Format: mobi
ISBN: 9783406645235
Herausgeber: Beck
veröffentlicht: 2013-02-11T23:00:00+00:00
SIEBTES KAPITEL
«Jener gute Pater hat das Werk Gottes verdorben»
Die Verhöre von Beichtvater und Äbtissin
Giuseppe Leziroli: ein Beichtvater vor Gericht
Zwei Personen trugen rein kirchenrechtlich gesehen die Verantwortung für alles, was in Sant’Ambrogio geschah: die Äbtissin und der Geistliche Direktor. Die Nonnen waren beiden gegenüber zu absolutem Gehorsam verpflichtet. Ihren Weisungen hatten sie so zu folgen, als ob diese von Jesus Christus selber stammten. Dies galt insbesondere für den Spiritual, der als geweihter Priester in Ausübung seines Amtes in persona Christi handelte. Während die Oberin für die Einhaltung der Disziplin und die genaue Befolgung der Regel zuständig war, zeichnete der Beichtvater für den Bereich des Glaubens und der Seelsorge verantwortlich. Dabei war eine klare Trennung der beiden Sphären verbindlich vorgeschrieben. Insbesondere mussten sich die Schwestern darauf verlassen können, dass Bekenntnisse im Beichtstuhl geheim blieben und nicht zur Äbtissin oder ihrer Vikarin weitergetragen wurden. Doch schon gegen diese kirchliche Grundnorm war massiv verstoßen worden. Darüber hinaus waren im Rahmen des Informativprozesses weitere heftige Vorwürfe gegen die Äbtissin Maria Veronica und gegen den Hauptbeichtvater und Spiritual Giuseppe Leziroli aufgetaucht. Deshalb stellte die Inquisition beide am 27. Februar 1861 unter Anklage.[1]
Leziroli, am 19. März 1795 in Rimini geboren, trat 1817 in das Noviziat der Gesellschaft Jesu ein, das er in Reggio Emilia absolvierte.[2] Nach der Priesterweihe im Februar 1822 war er zwei Jahre in Terni, drei in Fano und ein weiteres Jahr in Tivoli tätig. 1831 wurde er von seinen Oberen nach Rom beordert. Hier war er zunächst als Spiritual im Collegio Romano und im dortigen Konvikt eingesetzt. Seit 1839 amtierte er als fester Beichtvater und Geistlicher Direktor von Sant’Ambrogio. Bei dieser Aufgabe wurde er stets von einem zweiten Jesuitenpater unterstützt. Von 1856 bis November 1859 stand ihm Pater Giuseppe Peters bei.
Die Verhöre von Leziroli zogen sich etwa vier Monate hin und dauerten vom 16. März bis zum 19. Juli 1861.[3] Wie alle Angeklagten vor dem Heiligen Tribunal erhielt auch er die Gelegenheit, sich zunächst spontan zur Sache zu äußern. Seine Verteidigungsstrategie war sehr einfach: «Was ich über mich sagen kann, ist, dass ich gut begonnen habe, aber am Ende betrogen worden bin.» Dieser Betrug hänge mit einer Nonne zusammen, die er «geistlich begleitete» und bei der er merkte, «dass sie über Gaben und außerordentliche Dinge verfügte». Er habe Kardinalvikar Patrizi umgehend darüber informiert, und dieser habe ihm geraten, vorsichtig zu sein. Der Kardinalvikar scheint sich aber nicht weiter um die Angelegenheit gekümmert zu haben. Jedenfalls erwähnte Leziroli keine derartigen Interventionen Patrizis.
Leziroli habe, wie Sallua vermerkte, dieser Nonne auferlegt, sie solle, falls sie wieder einmal von einer Erscheinung heimgesucht werde, zur Abwehr folgende Formel sprechen: «Durch das Zeichen des Kreuzes befreie uns von unseren Feinden, unser Gott.» Nach fünf Monaten sei dieser Schwester der heilige Stanislaus[4] erschienen und habe sie zu dem Ort geführt, an dem ihr die verstorbene Äbtissin Maria Maddalena regelmäßig zu erscheinen pflegte. «Als sie mit dem heiligen Stanislaus an diesem Ort ankam, erschien ihr Maria Maddalena mit einem Kreuz in der Hand und befahl ihr, dieses durch die Worte Adoramus te Christe zu verehren.
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