Der Geschmack des Wassers by Ingrid Kretz

Der Geschmack des Wassers by Ingrid Kretz

Autor:Ingrid Kretz
Die sprache: de
Format: mobi
Tags: Historisch, Hexen, Dillenburg, eBook
veröffentlicht: 2011-08-28T07:16:25+00:00


7

Dillenburg

Nebelung

Im geräumigen Sitzungssaal des Dillenburger Schlosses brannte der Kamin und verbreitete eine angenehme Wärme. Durch die bleiverglasten Fenster drang nur schwaches Tageslicht, weil der wolkenverhangene Himmel seit Tagesbeginn keinen Sonnenstrahl durchließ. Wer irgend konnte, vermied es, durch die eisige Kälte auf den Fluren zu gehen und hielt sich bevorzugt in Kammern und Gemächern auf. Mehrere Kandelaber und zwei große Kronleuchter mit brennenden Wachskerzen leuchteten den Sitzungssaal aus und verbreiteten eine heimelige Atmosphäre. Zwei große Wandteppiche an der linken und rechten Längsseite des Saales zeigten zeitgenössische Persönlichkeiten im Gefecht und in geselliger Runde zu Tische. Wertvolle Holzvertäfelungen an den Wänden präsentierten handwerkliche Kunstfertigkeit. Unruhig schritt Graf von Wetterau auf und ab. »Meine Herren Grafen, ich kann mich Euren Ansichten nicht ohne Weiteres anschließen.«

»Nun setzt Euch bitte wieder hin!«, forderte Graf von Isenburg ihn mit seiner hohen Stimme auf. »Ihr verbreitet eine unsägliche Unruhe.«

Er sah in die Runde von 15 edel gekleideten Männern. Sie saßen an einem großen, glänzend polierten Nussbaumtisch. Vor jedem der Grafen stand ein silberner Becher und über die Tafel verteilt einige silberne Karaffen, gefüllt mit bestem weißem Wein. Das erlesene Essen aus dem Hause Nassau hatte allen geschmeckt und der Küchenmeister war über die Maßen gelobt worden.

Ja, dachte Graf Johann, mein Küchenmeister hat zwar schon immer vortrefflich gekocht, aber seit ein paar Jahren ist es auffallend schmackhafter. Ist es das nicht seit der Zeit, als ich ihn und seine Familie unterstützt habe? Nur vage erinnerte sich Graf Johann an einen Überfall. Aber wo und wie, da ließ

ihn sein Gedächtnis im Stich. Vielleicht war das der Anlass für den Koch gewesen, mit neuem Schwung die Küche zu beleben? Jedenfalls gab der Küchenmeister seine Kochkünste – das Wort Kunst war hier wirklich angebracht – an die Lehrjungen weiter und motivierte sie, ihr Bestes für ihren Herrn zu geben. Meine Gäste hier machen einen sehr zufriedenen Eindruck, dachte der Landesherr stolz. Dieses Mal hatte sich der Küchenmeister selbst übertroffen. Bei ihrer Mahlzeit im Speisesaal waren einer köstlichen Pilzsuppe und Teigtaschen mit zerkleinertem Fleisch vom Rind, versehen mit vortrefflichen heimischen Gewürzen, eine Hammelkeule vom Spieß, mit Fett gespickte Rehkeulen, Weißkohleintopf mit Blättern von Salbei, hellem Brot und verschiedenen Gemüsesorten gefolgt.

»Habt Ihr schon gehört, dass man am Hofe des französischen Königs neuerdings mit Gabeln isst?«, hatte Graf Schenk von Limburg gelacht und sich mit den Fingern ein Stück Braten in den Mund gestopft. »Eine bessere Erfindung als meine Finger kenne ich nicht!«

»Könnte man doch mal ausprobieren!«, sagte Graf von Isenburg steif und stocherte mit dem Löffel im Eintopf herum. Er war froh, dass Graf von Wetterau sich endlich gesetzt hatte. Mit seiner nervigen Lauferei machte er ja alle nervös!

Graf Johann grinste, hielt demonstrativ ein Stück Rehkeule mit der Hand hoch und zeigte sie triumphierend. »Ich halte es da wie Luther: keine Gäbelchen!«

Auf der Brust des Grafen Johann tanzte die goldene Kette hin und her, während sein Bass spöttisch durch den Raum dröhnte. Die Männer lachten schallend, dass alle Augen im Saal sich auf sie richteten. Wie bei Hofe üblich, speisten sämtliche Bediensteten mit der gräflichen Familie im großen Saal.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.