Zeit der Raubtiere by Liza Klaussmann

Zeit der Raubtiere by Liza Klaussmann

Autor:Liza Klaussmann [Klaussmann, Liza]
Die sprache: deu
Format: mobi
ISBN: 9783426415702
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2012-05-01T22:00:00+00:00


Helena öffnete die Augen. Einen Moment lang glaubte sie, allein zu sein. Das Zimmer wirkte so leer. Ihre Handflächen juckten, ihre Fußsohlen juckten, alles tat weh. Das Kissen war durchnässt. Hatte sie denn geweint? Dann roch sie Zigarettenrauch. Ihr wurde übel davon. Und hinter ihr schniefte jemand.

»Ja, ich habe ihn ausfindig gemacht. Es war so erbärmlich – er haust mit irgendeiner Nutte in einem Drecksloch in der Stadt. Du hättest sein Gesicht sehen sollen, als er aufschloss! So unglaublich arrogant, als hätte er mich erwartet.«

Helena hielt den Atem an. Die Hexe sprach von Avery. Jetzt musste sie ganz genau zuhören, sie durfte nicht wieder einschlafen.

»Wir müssen das Cottage verkaufen, Hughes. Nein, wir können es uns nicht leisten. Er hat seinen Preis genannt, und ich habe ihn akzeptiert. Es war nichts mehr zu machen. Sie kann vom Rest leben. Schließlich müssen wir noch die Klinik und Eds Internat bezahlen.«

Helena überkam eine tiefe Ruhe; Avery hatte das Geld bekommen. Jetzt würde er zu ihr zurückkehren. Alles würde gut werden.

»Was bleibt uns denn übrig? Die Sache macht mich fertig, das kannst du mir glauben. Ich könnte den Kerl umbringen. Und das Allerschlimmste ist, dass er letztlich gekriegt hat, was er wollte. Und hör mir bloß auf mit diesem widerlichen Fox! Das Geld für das Cottage meines Vaters geht direkt in seine Tasche. Erinnerst du dich an das Getue wegen dieser ›Sammlung‹? Na, du hättest den traurigen kleinen Garagenflohmarkt in ihrem Haus sehen sollen. Wie ein Heiligenschrein, einfach widerwärtig.«

Sie schniefte.

»Ich kann mir einfach nicht verzeihen, dass ich sie diesem Mann überlassen habe.«

Die Hexe mit ihrem scheinheiligen Selbstmitleid – als hätte sie Helena nicht schon längst vollkommen vernichtet, wenn Avery nicht gewesen wäre!

»Hast du dich um die Termine gekümmert? Ja, und was hat Dr. Monty gesagt? Ich weiß, dass Dr. Monty ein Idiot ist, Hughes, aber er ist unser Idiot. Zumindest ist sie dann in einer anständigen, angesehenen Klinik, wo man ihr wieder auf die Beine hilft.«

Was hatte sie jetzt vor? Avery würde nie zulassen, dass man sie wegbrachte. Sie durfte sich nicht aufregen.

»Darüber reden wir, wenn ich zurück bin. Was haben sie im Internat gesagt? Ach, du meine Güte, das ist doch nur Jungsgehabe! Du behandelst ihn zu streng. Doch, doch. Der arme Junge hat die ganze Zeit darauf gewartet, dass ihn zu Ferienbeginn jemand abholt, und kein Mensch kam. Wer würde denn da nicht ein bisschen Rabatz machen?«

Ed, ihr Baby. Sie sprach von Ed. Aber welche Ferien? Schulferien. Ein Flugschein für Ed. Damit er nach Hause fliegen konnte. War denn schon Thanksgiving? O nein, sie hatte schon wieder versagt. Wie konnte sie nur so dumm sein? Aber Ed war gemein zu ihr gewesen. Und er hatte versucht, Averys Projekt zu zerstören. Aber es war nicht seine Schuld gewesen. Er war ihr Kind, und sie hatte ihn im Stich gelassen. Es war wegen des toten Mädchens passiert, das er gesehen hatte. Nein, das stimmte nicht. Das tote Mädchen war später gewesen. Sie brauchte ihre Tabletten. Warum gab ihr die Hexe keine mehr?



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