Wo warst du Adam (German Edition) by Heinrich Böll

Wo warst du Adam (German Edition) by Heinrich Böll

Autor:Heinrich Böll [Böll, Heinrich]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
Herausgeber: eBook by Kiepenheuer&Witsch
veröffentlicht: 2014-09-20T00:00:00+00:00


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7

Der grüne Möbelwagen hatte einen ausgezeichneten Motor. Die beiden Männer vorn im Führerhaus, die sich am Steuerrad abwechselten, sprachen nicht viel miteinander, aber wenn sie miteinander sprachen, sprachen sie fast nur von dem Motor. »Dolles Ding«, sagten sie hin und wieder, schüttelten erstaunt die Köpfe und lauschten gebannt diesem starken, dunklen, sehr regelmäßigen Brummen, in dem kein falscher oder beunruhigender Ton aufkam. Die Nacht war warm und dunkel, und die Straße, auf der sie unentwegt nördlich fuhren, war manchmal verstopft von Heeresfahrzeugen, Pferdefuhrwerken, und es geschah ein paarmal, daß sie plötzlich bremsen mußten, weil sie marschierende Kolonnen zu spät erkannten und fast hineingefahren wären in diese merkwürdige, formlose Masse dunkler Gestalten, deren Gesichter sie mit ihren Scheinwerfern anstrahlten. Die Straßen waren schmal, zu schmal, um Möbelwagen, Panzer, marschierende Kolonnen aneinander vorbeizulassen, aber je weiter sie nördlich kamen, um so leerer wurde die Straße, und sie konnten lange Zeit unbehelligt den grünen Möbelwagen auf Höchsttouren laufen lassen: der Lichtkegel ihres Scheinwerfers beleuchtete Bäume und Häuser, schoß manchmal in einer Kurve in ein Feld, ließ scharf und klar die Pflanzen herausspringen, Maisstauden oder Tomaten. Zuletzt blieb die Straße leer, die Männer gähnten nun, und sie hielten irgendwo in einem Dorf auf einer Nebenstraße, um eine Rast zu machen; sie packten ihre Brotbeutel aus, schlürften den heißen und sehr starken Kaffee aus ihren Feldflaschen, öffneten dünne, runde Blechbüchsen, aus denen sie Schokolade nahmen, und schmierten sich in aller Ruhe Butterbrote, sie öffneten ihre Butterdosen, rochen am Inhalt, schmierten dick die Butter aufs Brot, bevor sie große Scheiben Wurst darüberwarfen, die Wurst war rot und mit Pfefferkörnern durchsetzt. Die Männer aßen gemütlich. Ihre grauen und müden Gesichter belebten sich, und der eine, der jetzt links saß und zuerst fertig war, zündete sich eine Zigarette an und nahm einen Brief aus der Tasche; er entfaltete ihn und nahm aus den Falten des Papiers ein Foto: das Foto zeigte ein reizendes, kleines Mädchen, das mit einem Kaninchen auf einer Wiese spielte. Er hielt das Bild dem hin, der neben ihm saß, und sagte: »Guck mal, nett, nicht wahr - meine Kleine«, er lachte, »ein Urlaubskind.« Der andere antwortete kauend, starrte auf das Bild und murmelte: »Nett - Urlaubskind? - Wie alt ist sie denn?«

»Drei Jahre.«

»Hast du kein Bild von deiner Frau?«

»Doch.« Der links saß, nahm seine Brieftasche heraus - stockte aber plötzlich und sagte:

»Hör mal, die sind wohl verrückt geworden…« Aus dem Inneren des grünen Möbelwagens kamen ein sehr heftiges, dunkles Gemurmel und die schrillen Schreie einer Frauenstimme.

»Mach mal Ruhe«, sagte der, der am Steuer saß.

Der andere öffnete die Wagentür und blickte auf die Dorfstraße hinaus - es war warm und dunkel draußen, und die Häuser waren unbeleuchtet, es roch nach Mist, sehr stark nach Kuhmist, und in einem der Häuser bellte ein Hund. Der Mann stieg aus, fluchte leise über den tiefen und weichen Dreck der Dorfstraße und ging langsam um den Wagen herum. Draußen war das Gemurmel nur sehr schwach zu hören, es war eher wie ein sanftes Brummen im Inneren eines Kastens, aber



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