Wilkie Collins by Die Frau in Weiß

Wilkie Collins by Die Frau in Weiß

Autor:Die Frau in Weiß
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-11-06T05:00:00+00:00


Aus Miß Halcombe's Tagebuche.

Der Graf kehrte unter die Veranda zurück, ich hörte den Stuhl unter seinem Gewichte knarren, als er seinen Platz wieder einnahm.

»Nun, Percival,« sagte er, »und was bekommst du, falls Glyde stirbt?«

»Wenn sie keine Kinder hinterläßt –«

»Was nicht wahrscheinlich ist?«

»Was im höchsten Grade wahrscheinlich ist –«

»Nun?«

»Nun, dann bekomme ich ihre zwanzigtausend Pfund.«

»Baar ausgezahlt?«

»Baar ausgezahlt.«

Sie schwiegen abermals. Als ihre Stimmen aufhörten, verdunkelte der Schatten der Gräfin nochmals das Rouleau. Anstatt aber vorüber zu gleiten, blieb er diesmal stehen. Ich sah ihre Finger sich um die eine Kante des Rouleaus stehlen und dasselbe zur Seite ziehen. Der Umriß ihres Gesichtes erschien gerade über mir hinter dem Fenster – ich verhielt mich ganz ruhig, vom Kopf bis zu den Füßen in meinen schwarzen Mantel gehüllt. Der Regen, welcher mich durchnäßte, schlug an das Fenster und verwehrte ihr die Aussicht. »Noch mehr Regen!« hörte ich sie zu sich selbst sprechen. Dann ließ sie das Rouleau wieder fallen, und ich athmete freier.

Unten wurde die Unterhaltung vom Grafen wieder aufgenommen.

»Percival! hältst du viel von deiner Frau?«

»Fosco! Die Frage scheint mir sehr offen.«

»Ich bin ein offener Mann und wiederhole sie.«

»Was, zum Henker, siehst du mich so an?«

»Du willst mir nicht antworten? Nun denn, wir wollen annehmen, deine Frau stürbe, ehe der Sommer vorüber ist –«

»Laß das, Fosco!«

»Nehmen wir an, deine Frau stürbe –«

»Laß das, sage ich dir!«

»In dem Falle würdest du zwanzigtausend Pfund gewinnen; und verlieren würdest du –«

»Die Aussicht auf dreitausend Pfund jährliche Renten.«

»Die entfernteAussicht, Percival – nur die entfernte Aussicht. Und du brauchst sofort Geld. Der Gewinn ist in deiner Lage gewiß – der Verlust zweifelhaft.«

»Sprich für dich sowohl, als für mich. Ein Theil des Geldes, das ich brauche, wurde für dich geborgt. Und wenn du doch von Gewinn sprichst, so würde der Tod meinerFrau der deinigenZehntausend Pfund in die Tasche spielen. So pfiffig du auch bist, so scheinst du doch bei dieser Gelegenheit das Legat der Gräfin Fosco vergessen zu haben. Sieh' mich nicht so an! Es überläuft mir die Haut wahrhaftig ganz eisig bei deinen Blicken und Reden!«

»Die Haut? Bedeutet Haut etwa im Englischen: Gewissen? Ich spreche von dem Tode deiner Frau, wie von einer Möglichkeit. Und warum wohl nicht? Ich habe es mir heute Abend zur Aufgabe gemacht, mir deine Lage so auseinanderzusetzen, daß ich kein Versehen machen kann, und jetzt bin ich damit zu Ende. Dies ist deine Lage: falls deine Frau am Leben bleibt, so bezahlst du jene Wechsel mit ihrer Unterschrift. Stirbt sie, so bezahlst du sie mit ihrem Tode.«

Während er sprach, erlosch das Licht im Zimmer der Gräfin, und die ganze zweite Etage des Hauses lag jetzt in Dunkelheit da.

»Wie du faselst!« brummte Sir Percival; »wenn man dich anhört, sollte man denken, daß wir die Unterschrift meiner Frau bereits in der Tasche hätten.«

»Du hast die Sache in meine Hände gegeben,« entgegnete der Graf; »ich habe mehr als zwei Monate vor mir. Sobald die Wechsel fällig werden, wirst du sehen, ob mein ›Faseln‹ zu etwas nütze ist oder nicht. Und jetzt, Percival, da die Geldgeschäfte für heute



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