Wer ruhig schlafen kann: Kriminalroman (German Edition) by Mechthild Lanfermann

Autor:Mechthild Lanfermann [Lanfermann, Mechthild]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-06-12T22:00:00+00:00

Der Pförtner grüßte nicht zurück. Es war ein sonniger Morgen, der wieder einen heißen Sommertag ankündigte. Die Tür zum Polizeirevier stand weit offen, die Vögel zwitscherten, als hätten sie was zu vermelden, und die Heckenrosen an der Absperrung zum Tempelhofer Damm ließen ihren intensiven Duft bis zu ihnen rüberwehen. Aber der Pförtner senkte mit tiefen Stirnfalten den Kopf über die Papiere vor ihm und reagierte nicht auf den Hauptkommissar vor ihm. Blume entschloss sich, so zu tun, als habe er es nicht bemerkt. Er ließ den Fahrstuhl links liegen und ging zur Treppe, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, die Blicke des Pförtners spürte er im Rücken.

Erst Karin und dann das hier. Als könnte er sich nichts Schöneres vorstellen, als abgelegte Fälle zu überprüfen und Mitarbeiter abzustrafen. Und dabei hatte er Urlaub!

Gestern hatte ihm Karin am Frühstückstisch vorgeworfen, er mache das alles nur wegen Emma. Und heute saß sie ihm mit entschlossenem Gesicht gegenüber und sagte, dass sie fahren würde. Gegen Mittag sei sie weg, und er könne entscheiden, ob er mitkommen wolle oder nicht. Er hatte sich aber nicht provozieren lassen, sondern gesagt, dass er es unmöglich bis Mittag schaffen könnte. Sie war ohne ein weiteres Wort aufgestanden und nach oben gegangen. Im Flur, als er seine Jacke angezogen hatte, hörte er die Schranktüren auf- und zuklappen. Sie packte den Koffer neu. Aber er war nicht bereit, sich von ihr unter Druck setzen zu lassen. Sie würde nicht allein fahren, auf gar keinen Fall. Das passte nicht zu ihr.

Er riss die Tür zu seinem Büro auf. Erkenschwick war schon da, kaum zu sehen hinter einem Berg von Akten. Blume wollte gerade seine Jacke, die er wegen der Hitze nur über dem Arm trug, aufhängen, da blieb sein Blick an seinem Schreibtisch hängen. Langsam trat er näher. Hinter dem Aktenberg hielt jemand den Atem an. Blume räusperte sich und fragte leise:

»Wer hat das gemacht?«

Stille. Dann Erkenschwicks brummige Antwort:

»Woher soll ich das wissen. Ich seh ja nix – bin ja total zugemauert von diesen Akten.«

Blume nahm einen Kugelschreiber und schob den Müll auseinander. Zwischen Plastikbechern, leeren Kaugummi-Verpackungen und zerknüllten Servietten lag ein Zettel: »Wer im Dreck wühlt …«, stand darauf. Blume wischte den Kugelschreiber an seinem Taschentuch ab und sagte betont ruhig. »Ich geh jetzt runter zum Italiener und trinke einen Kaffee. In einer halben Stunde komme ich wieder, dann möchte ich einen sauberen Arbeitsplatz vorfinden.«

Er nahm seine Jacke vom Haken und drehte sich wieder zur Tür um. Erkenschwick stand auf. »Edgar …«

Er blieb mit dem Rücken zu seinem Assistenten in der Tür stehen. Erkenschwick sagte: »Es war schon da, als ich kam. Ich weiß nicht, wer das gemacht hat.«

»Aber du kannst es dir denken, oder?«

Blume wandte den Kopf und sah seinen Assistenten an. Der schwieg. Blume sagte:

»Ruf den Hausmeister, der soll das wegmachen. Bis später.«

Dann schloss er endgültig die Tür und lief die Treppen wieder hinunter. Der Pförtner telefonierte jetzt und sah nicht auf, als er den Eingangsflur betrat. Bildete er sich das ein, oder grinste der Mann? Blume stieß die Tür zur Tempelhofer Straße auf und holte tief Luft.

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