Weis, Margaret - Das verbotene Land 01 by Die Herrscherin der Drachen

Weis, Margaret - Das verbotene Land 01 by Die Herrscherin der Drachen

Autor:Die Herrscherin der Drachen
Die sprache: deu
Format: mobi
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


16

Der plötzliche Verlust ihres Körpers hatte Maristara regelrecht schockiert. Anfangs war der Schock größer gewesen als ihr Zorn, denn die Ereignisse hatten sich überschlagen. Eben war sie noch dabei gewesen, der Menschenfrau das Herz aus dem Leib zu reißen, da brach auch schon die Höhle über ihr zusammen.

Drakonas, der Zweibeiner. Der überall seine Nase hineinsteckte.

Und Bran, dieser Hitzkopf.

Sie hatten das ausgeheckt. Der Sohn wäre besser zusammen mit seinem Vater umgekommen. Nun, alles zu seiner Zeit.

Inzwischen war Maristara wieder ruhig. Vorhin hatte die Durchkreuzung ihrer Pläne sie derart in Rage gebracht, dass sie beinahe den Kopf verloren hatte, so sehr hatte sie innerlich getobt.

Um ein Haar hätte sie ihre Magie eingesetzt, um den Felssturz zu sprengen, der die Höhle blockierte. Sie wollte ihnen nachsetzen, sie zur Strecke bringen wie lästiges Ungeziefer, ihr Feuer durch die Gänge blasen, sie mit giftigen Dämpfen ersticken und ihr armseliges Fleisch rösten.

Gerade noch rechtzeitig hatte sie davon abgelassen.

Man hätte die Explosion im ganzen Kloster und im halben Reich Seth bemerkt. Die Schwestern würden aufgeregt herumjammern, weinen und Antworten verlangen, nach Führung verlangen, ihre Meisterin um Hilfe anflehen …

… und dann würde keine Meisterin da sein. Nur der Leichnam einer ausgetrockneten alten Frau mit einem klaffenden Loch in der Brust.

Und ein Drache.

Maristara wandte sich von dem Geröllhaufen ab, drehte sich mühevoll in dem engen, kleinen Heiligtum um und dachte gründlich nach.

»Vorläufig lasse ich sie laufen, die Menschen und den Zweibeiner.« Sie sprach voller Hass von Drakonas. »Weit werden sie nicht kommen, dafür sorge ich schon. Aber zuerst brauche ich eine neue Drachenmeisterin. Welche soll ich wählen?«

Im Geiste ging sie die Schwestern durch, prüfte, wählte, verwarf. Dann kam die Eingebung.

»Melisandes Rivalin, natürlich«, dachte Maristara. »Die eignet sich hervorragend. Die Eifersucht und der Ehrgeiz vernebeln ihr die Sinne. Sie wird nichts hinterfragen.«

Der Drache blies die lodernden Torffeuer aus, kauerte sich in die Finsternis, behielt das Medaillon in einer Vorderklaue, fixierte die Tür und rief mit der matten, sterbenden Stimme der alten Meisterin leise: »Lucretta. Komm zu mir, Lucretta, ich brauche dich.«

Bellona erwachte, weil sie die Schritte an der Tür hörte. Als es klopfte, war sie bereits halb aus dem Bett.

»Kommandantin.«

»Ja, was ist?« Bellona flüsterte, denn sie wollte Melisande nicht wecken.

»Ein Ruf von den Gemächern der Meisterin. Sie brauchen dich dort. Es ist dringend.«

Draußen brach bereits der Morgen an. Graues Zwielicht erhellte den Raum. Bellona warf einen Blick aufs Bett, um zu sehen, ob Melisande schon wach war, doch das Bett war leer.

Mit einer Hand strich sie das Kissen glatt, auf dem noch der Abdruck von Melisandes geliebtem Kopf zu sehen war. »Es ist also so weit«, sagte sie sich. »Arme Meisterin. Aber sie hat ein langes Leben gehabt. Möge sie sich zu den Göttinnen gesellen, die über uns wachen und uns schützen.«

»Kommandantin!«

»Ich komme schon«, rief Bellona, stand auf und griff nach der weichen Tunika, die sie unter ihrer Rüstung trug.

»Tritt ein. Wir haben doch wohl keinen Ärger mit den Männern?«, fragte sie in scharfem Ton.

Eine junge Kriegerin öffnete die Tür und kam ins Zimmer. »Nein, Kommandantin. Die Wachen der Meisterin wollten dich sprechen.



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