Weil ich ein Dicker bin by Eisenhauer Bertram

Weil ich ein Dicker bin by Eisenhauer Bertram

Autor:Eisenhauer, Bertram [Eisenhauer, Bertram]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: C. Bertelsmann
veröffentlicht: 2016-01-24T16:00:00+00:00


Woche 26:

War das alles? Zur Halbzeit

STATUS-REPORT:

Gewicht beim letzten Wiegen (vor zwei Wochen): 159,4 kg

Aktuelles Gewicht: 160,0 kg

Veränderung: +0,6 kg

Das erste halbe Jahr der Mission »Unser Fetter soll schlanker werden (oder zumindest weniger fett)« ist vorbei. Im Adipositas-Zentrum haben sie mich deshalb abermals genau vermessen. Körperwasser, Muskelmasse, Körperfett, Leukozyten, Erythrozyten, ALT, GGT, Glucose, Cholesterin und so fort, zudem Body-Mass-Index, Grundumsatz, Hüftumfang, Taille. Bei der Taille bestand ich auf einer Nachmessung, nachdem das erste Anlegen des Maßbands drei Zentimeter mehr als vor drei Monaten ergeben hatte, und tatsächlich, es waren fünf weniger.

Taille: 146 statt 151 cm wie noch vor drei Monaten.

Hüfte: 136 statt 138 cm.

Ich weiß, ich habe schon behauptet, mich erst mal nicht um einzelne Körperregionen kümmern zu wollen; mein Körper ist eine einzige große Problemzone. Aber dass ich bei einem hart verdienten Verlust von fünfundzwanzig Kilo ausgerechnet am Bauch zugelegt hätte – das wäre ein Schlag gewesen.

Drei aus meiner Abnehmgruppe, darunter Jochen, haben beim City-Triathlon nach monatelangem Training kürzlich die »Jedermann«-Strecke absolviert: fünfhundert Meter Schwimmen, vierzehn Kilometer auf dem Rad, fünf Kilometer Laufen. Als unser expertenbeaufsichtigtes Programm startete, wäre das undenkbar gewesen. Hundertzwanzig Fotos hatte eine der Triathletinnen auf dem Laptop mitgebracht und kopierte sie für die anderen auf USB-Sticks. Aufschlussreich zu sehen: der Stolz. Der Stolz von Exdicken.

Eine andere Teilnehmerin aus der Gruppe, die vierundzwanzigjährige Susan, sah sich selbst zusammen mit Freunden in einem Bericht des Regionalfernsehens über das Event. Dass die Reporterin von einer »molligen Hobbysportlerin« sprach, während Susan im Bild war, ärgerte sie mehr, als sie zuerst zuzugeben bereit war; beim Treffen der Gruppe erwähnte sie es mehrmals. Und wahrlich, bei ihr kann von »mollig« nicht mehr die Rede sein. Vor sechs Monaten war sie ein kräftiges Mädel; inzwischen, achtundzwanzig Kilo leichter, hat sie, wenn sie mit den von ihr bevorzugten ungeschnürten Turnschuhen und den Cargoshorts auf dem Gang herumläuft, etwas Tigersprunghaftes.

Für mich wird ein Triathlon noch eine ganze Weile undenkbar bleiben. Ich bin trotz reduzierten Gewichts fürs Laufen zu schwer. Gut, auch das groß annoncierte Radfahren zwischen Wohnung und Büro habe ich in den letzten Tagen zurückgestellt, wegen Gluthitze und Apokalypsenregen.

Kürzlich war ich auf der Geburtstagsgrillparty eines Kollegen eingeladen. Er hatte seiner Familie, die mich kennt, von meiner Diät erzählt. Nachdem die Verwandtschaft mich dann gesehen hatte, so berichtete er später, sei ihre Reaktion gewesen: »War das schon alles?«

Blöd nur, sie haben recht. Fünfundzwanzig Kilo weniger, das ist – wohlgemerkt: in meinem Fall – anständig, aber allenfalls ein guter Anfang. Wenigstens habe ich meine Zielvereinbarung mit dem Zentrum eingehalten: Ich komme die vier Stockwerke zu meiner Wohnung jetzt ohne Pause hoch. Und meine gerade wieder erhobenen Blutwerte sind so gut, dass sich die Programmärztin weiter wundert. Ich hätte sie beinahe gefragt, ob sie nicht einen wissenschaftlichen Aufsatz über mich verfassen will, über den Adipösen mit den unglaublichen 1a-Blutwerten. Das »Eisenhauer-Syndrom« im Pschyrembel, der Medizinerbibel – wäre gar nicht übel.



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