Verlorene Kinder by Spitzner Anne

Verlorene Kinder by Spitzner Anne

Autor:Spitzner, Anne [Spitzner, Anne]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-944257-61-7
Herausgeber: Hallenberger Media UG (haftungsbeschränkt), Schardt Verlag e.K.
veröffentlicht: 2015-01-13T05:00:00+00:00


Es ist kurz vor halb fünf, als Vera wie schon heute Morgen ihren Kopf durch die Tür steckt und einen Kevin Czeran ankündigt. Der junge Mann, der kurz darauf das Büro der beiden Kommissarinnen betritt, macht auf Sandra sofort den gleichen Eindruck wie Fabian und Sven: gutaussehend und sportlich, mit einer gewissen Körperhaltung, die ihn extrem sexualisiert – und zur gleichen Zeit völlig geschlechtslos wirken lässt.

Jana scheint nichts davon wahrzunehmen. Vollkommen unbefangen streckt sie ihm die Hand hin und bittet ihn, Platz zu nehmen. Doch Sandra bleibt, wo sie ist, den dunkelblonden Mann nachdenklich und unverwandt betrachtend.

Er begrüßt sie unsicher mit einer Neigung des Kopfes. Sofort kann Jana die für sie unerklärliche Verbindung zwischen Sandra und dem dritten der jungen Männer wieder spüren. Sie überlässt ihrer Kollegin die Initiative.

„Sie wissen, warum Sie hier sind?“

Kopfschütteln.

„Stefan Dirusky ist tot.“

Schulterzucken. „Und was geht mich das an?“ Im Kontrast zu den gleichgültigen Worten ein Aufblitzen in den blaugrünen Augen.

Sandra weiß, dass sie nicht zu ihm wird vordringen können, solange Jana im gleichen Raum ist. Deshalb stellt sie eine gleichgültige Frage nach der anderen, bis ihre Kollegin die Taktik begreift und das Büro unter einem Vorwand verlässt.

Sobald sie gegangen ist, beugt Kevin sich angespannt vor. „Ich habe mit Fabian telefoniert“, sagt er, und Sandra braucht keine weiteren Ergänzungen.

„Dann wissen Sie also auch über mich Bescheid. Und Sie wussten doch, warum wir Sie herbestellt hatten.“

Er nickt. „Aber ich schwöre Ihnen, dass ich nichts mit dem Mord an dem Arsch zu tun hatte.“

„Können Sie sich vorstellen, dass Stefan Dirusky von einem Ihrer Freunde ermordet worden ist?“ Sie macht gar nicht erst den Versuch, ihn seiner unflätigen Ausdrucksweise wegen zurechtzuweisen. Erstens ist Jana nicht anwesend, und zweitens ist sie, da er um ihre Vergangenheit weiß, gar nicht in der moralischen Position dazu.

Wie erwartet, schüttelt Kevin den Kopf. Dabei fallen ihm seine dunkelblonden Haare in die Stirn, die er mit einer hastigen Bewegung wieder glattstreicht. Wie ähnlich sie sich doch alle sind, wenn es darum geht, den Schein zu wahren. Als wäre ihr Körper eine Mauer, hinter der sie sich verstecken können.

Sandra hat in langer psychologischer Beratung gelernt, wieder eine Beziehung zu ihrem Körper aufzubauen, ihn nicht mehr als etwas zu sehen, das nicht zu ihr gehört oder sogar ihr Feind ist, sondern ihn wieder als Teil ihres Ichs zu betrachten. Haben die drei jungen Männer ähnliche Hilfe gehabt?

Auf ihre spontane Frage gibt Kevin keine Antwort. Schließlich sieht er hoch. „Niemand hat uns geglaubt. Wir hatten also keinen Grund, psychologische Hilfe zu bekommen.“ Seine Stimme klingt so bitter, dass es Sandra einen Stich ins Herz gibt.

Jana betritt den Raum wieder. Offenbar will sie Sandra nicht zu lange mit dem Mordverdächtigen in einem Raum lassen. Ihr ist eingefallen, wie sehr Sandra sich ohnehin schon emotional mit dem Fall befasst, anstatt ruhig und nüchtern zu urteilen.

Doch eigentlich ist Sandra mit Kevin schon fertig. Nach seinem Alibi hat sie ihn bereits vorher gefragt. „Bitte halten Sie sich zur Verfügung“, merkt sie noch an, bevor sie ihm zaghaft die Hand schüttelt und er das Büro verlässt.



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