Verlogene Wahrheit oder was ist im Namen der Liebe erlaubt? by Tabea S. Mainberg

Autor:Tabea S. Mainberg [Mainberg, Tabea S.]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: neobooks Self-Publishing
veröffentlicht: 2014-09-12T00:00:00+00:00

Fünf vor zwölf

»Wie, du kannst nicht?« Jaron, der in seinem Büro hinter dem Schreibtisch saß, blickte Zoe ungläubig an. Sie saß auf dem Stuhl, den er sonst für seine Assistentin bereithielt.

Nervös drehte sie an einer Haarsträhne. Ihre ganze Haltung verriet pure Anspannung. »Ich habe einen, naja, einen Termin und könnte nachkommen«, stammelte sie leise die Worte heraus.

Jaron war mittlerweile aufgestanden und schaute aus seinem Fenster, die Hände in den Hosentaschen. Er war ärgerlich.

»Wochenlang liegst du mir in den Ohren, dass ich dich nicht immer mitnehme, und wenn ich dich bitte, bei dieser Veranstaltung dabei zu sein, dann hast du was vor.« Er schüttelte den Kopf. »Zoe, ich versteh dich nicht.«

Es war ungewöhnlich und ein großer Vertrauensbeweis, dass er sie an diesem Abend einbinden wollte. Aber dass es für ihn eine solche Bedeutung hatte, schien Zoe nicht zu begreifen. Viele Männer wollten ihre Ehefrauen und Partnerinnen bei solchen Veranstaltungen nicht dabei haben. Denn oftmals gab es neben den geschäftlichen Verhandlungen und Gesprächen danach die Möglichkeit, heiße und willige Girls zu treffen. Was hatte mal einer der Männer gesagt: »Du brauchst für zu Hause eine anständige Frau, die dir den Rücken freihält, dich gesellschaftlich unterstützt und dir deine Kinder erzieht – wie sie aussieht, ist egal. Aber bumsen kannste draußen!« Seit er mit Zoe zusammen war, hatte dieser Spruch für ihn an Bedeutung verloren. Aber aufgrund ihrer bisherigen Lebenssituation ging er davon aus, dass sie mit diesen Dingen besser und lockerer umgehen konnte als seine verstorbene Frau. Diese wäre auf einer solchen Veranstaltung deplatziert gewesen.

In regelmäßigen Abständen lud König einen bestimmten Kreis von Personen ein, nämlich alle, die in seinem Netzwerk eine Rolle spielten. Menschen, die er für seine Zwecke benutzte. Denn alle, die dabei sein durften, hatten ihn irgendwann in irgendeiner Form begünstigt oder taten es noch. Neben interessanten Extrazahlungen revanchierte sich das Unternehmen mit diesen extravaganten Veranstaltungen, die man auch wunderbar als Betriebsausgaben verbuchen konnte. Zu diesem Arrangement gehörten eine Liveshow, gutes Essen und bei Bedarf heiße Mädchen, die ihre Liebesdienste anboten. Die ausschließlich männlichen Gäste fühlten sich geschmeichelt, nahmen diese Einladungen gern an. Genossen die Abende und rutschten somit unbewusst tiefer in diesen Sumpf von kleinen Gefälligkeiten, die das Leben beidseitig viel angenehmer machten. Oftmals endeten solche Events mit wilden Orgien, was wiederum auch zu einer gewissen Abhängigkeit führte. Denn keiner wollte das, was da passierte, außerhalb dieser eingeschworenen Gemeinde publik gemacht sehen. König vertrat die Meinung, dass man sich Menschen, die man brauchte, immer gewogen halten musste, und dies gelang ihm. Er selbst hielt sich allerdings an diesen Abenden immer diskret im Hintergrund. Gern wäre er jedoch mit seiner schönen Zoe aufgetreten.

»Ich habe gesagt, ich komme nach. Es handelt sich vielleicht um eine Stunde oder so.« Es war wie verhext. Warum musste dieser Termin mit Dr. Eileen Baker, auf den sie so lange warten musste, ausgerechnet an diesem Abend sein, wo Jaron im La Michelle eine Veranstaltung ausrichtete? Es wäre mal wieder ein Zeitpunkt, sich ihm zu offenbaren. Doch es gelang ihr nicht. Ihre Kehle war wie zugeschnürt.

»Bitte sei nicht böse … ich werde mich auch beeilen.

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