Verdammt feurig by Bettina Belitz

Verdammt feurig by Bettina Belitz

Autor:Bettina Belitz [Belitz, Bettina]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-06-20T22:00:00+00:00


Tub, blind und stumm

Nun waren es also zwei Wesen, die mir beim Training jegliche Konzentration raubten. Mogwai, der mich ununterbrochen anstarrte, und SpongeBob, der mich ununterbrochen nicht anstarrte. SpongeBob hing über Mogwai, hielt seine Augen fest geschlossen und wabbelte tatenlos vor sich hin. Leander hatte seine Lider gesenkt, wenn er einen auf normalen Körperwächter machte, um von den anderen nicht enttarnt zu werden. Doch diese Amöbe, die mir nun nicht mehr von der Seite wich, hielt die Augen fest geschlossen. Nicht ein einziges Mal hatte er sie bisher auch nur einen Spalt weit geöffnet. Ich fragte mich ernsthaft, wie er so auf mich aufpassen wollte.

Doch er ließ mich nur allein, wenn ich ins Bad ging. Am Morgen nach seinem plötzlichen Erscheinen verkniff ich es mir so lange, aufs Klo zu gehen, bis mir fast die Blase platzte. Aber die Amöbe machte tatsächlich vor der Tür halt und ich sah nur ihr schwaches Licht unter dem Türspalt flackern. Doch eigentlich wäre es sowieso egal gewesen – sie tat ja alles mit geschlossenen Augen.

Und das hatte eine lähmende Wirkung auf mich. Von jemandem verfolgt zu werden, der mich kein einziges Mal ansah, war gruselig. Ganz besonders gruselig wurde es aber, wenn Mogwai und SpongeBob beim Training im Zweierpack an mir klebten.

»Hast wieder ein Tief, was?«, fragte Billy, als ich mich nach zehn schwachen Klimmzügen entnervt vom Reck fallen ließ. Sobald ich mich auf die Bank setzte und meine Beine ausstreckte, wandte Mogwai sich von mir ab und begann an einem der Mülleimer herumzuschnüffeln.

»Jaja, jetzt isse berühmt und denkt, sie muss sich nicht mehr anstrengen«, witzelte Seppo, ohne dabei zu lachen. War er etwa immer noch sauer, weil Serdan mir gemailt hatte? Das musste er nicht. Serdan hatte den ganzen Tag noch kein Wort mit mir gewechselt, wie fast immer, und im Moment hatte er nur Augen für meinen gestörten Hund. Und obendrüber schwebte mein gestörter Schutzengel.

»Red keinen Scheiß«, schnauzte ich Seppo an. »Hab einfach zu viel gegessen an Weihnachten. Das ist morgen schon wieder anders.«

Ich kehrte ihm den Rücken zu und beobachtete, wie Serdan den Hund mit einer Rinde Brot aus seiner Tasche (Serdan hatte immer etwas zu essen in seinen Hosentaschen) fütterte und ihm das Nackenfell kraulte. Mogwai seufzte schwer und lehnte sich an Serdans Bein. Ich war ein bisschen eifersüchtig, weil Mogwai sich noch nie an mich gelehnt hatte, aber in erster Linie fand ich es gut. Ja, es war gut, wenn Serdan Mogwai mochte, denn vielleicht konnte er sich um ihn kümmern, während ich an meinen Runs feilte.

»Er mag dich«, sagte ich und versuchte, ein möglichst cooles Grinsen aufzusetzen (zu nett durfte man Jungs nie angrinsen, denn das war ihnen peinlich und Serdan erst recht).

»Hm«, machte Serdan – kein ganzes Wort, aber immerhin eine Reaktion. Er murmelte etwas auf Türkisch zu Mogwai. Der Hund ließ sich auf die Seite fallen und zeigte Serdan seinen Bauch. Serdan streckte die Hand aus, um ihn ausgiebig zu streicheln. Mogwai grunzte selig.

Ich schaute zu SpongeBob, der schwach schimmernd zwischen den kahlen Ästen des Baums hing und so schwammig war, dass ich kaum mehr ein Gesicht erkennen konnte.



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