Verbrannte Tage by James Salter

Verbrannte Tage by James Salter

Autor:James Salter [Salter, James]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbuch, Romanhafte Biografie
Herausgeber: Berlin Verlag
veröffentlicht: 2015-06-20T16:00:00+00:00


Letztlich vermisste ich Nordafrika. Ich vermisste seine Trostlosigkeit und die Brillanz des Lichts. Auch wir waren dort Nomaden. Wir reisten und lebten in Zelten; wir hatten unsere Routine, unseren Code, unsere Pflichten und sonst nichts: fliegen, im Schatten der Leinwand sitzen und mit dreckigen Händen ein Sandwich aus weißem Brot essen, wieder fliegen.

Wir waren dort alle gleich, alle Ränge. »Schlag mich«, sagt der Colonel. »Geht nicht, die stellen mich vors Militärgericht«, jammert Geraghty, der gibt. Sie spielen Karten und vergleichen betrunken ihres Rolex-Uhren. »Was ist denn mit Ihrer? Die hat keinen Kalender, muss ’ne experimentelle sein«, sagt Geraghty. All diese Gesichter, so vertraut. All diese Leben, die einem in bestimmten Momenten so nahe kamen.

In Formation kam ich eines Tages mit Minish von einem Übungsflug zurück, ich an seiner Seite, als er die Maschine wortlos hochzog und einen Immelmann flog, ich machte es ihm nach, so nah wie möglich, dann machte er noch einen und noch einen, dann einige Loopings und Rollen, alles in heißem Schweigen. Ich war ihm nicht einen Fuß von der Seite gewichen, wir machten das zusammen, ohne ein Wort auszutauschen, wie heimliche Liebhaber in einer Wohnung an einem brennend heißen Nachmittag.

Im Herbst flogen wir an die Gironde, im Südwesten Frankreichs, eine Staffel zur Zeit, um weitere Schießübungen zu machen. Der Flugplatz dort, Cazaux, mädchenhaft weiß, lag neben einem See. Eine Staffel aus einem anderen Geschwader, in dem ich auch eine Zeit lang geflogen war, hatte sich dort schon eingerichtet. Sie saßen vor den Unterkünften, als wir ankamen, wie Rancharbeiter, Grashalme im Mund. Es schien oft weniger ein Beruf zu sein als eine Art, die Zeit zu verschwenden, darauf wartend, dass etwas geschah, dass der Name auf dem Flugplan auftauchte, dass das Bereitschaftstelefon klingelte, dass die letzten Maschinen landeten. Die Gesichter dieser anderen hatten sich in den ein oder zwei Jahren, seit ich sie zuletzt gesehen hatte, nicht verändert: Vandenburg, Paul Ingram, Christman, der eine Gräfin heiratete, Vandevander, Leach. Sie begrüßten uns beiläufig. Es war, als wären wir mit unseren Tieren zum Grasen gekommen, und sie waren ein anderer Klan, friedlich, wenn auch nicht freundlich, der nun die Weide mit uns teilen musste.

Wir faulenzen uns durch die Tage. Sie werden zur heiligen Vergangenheit. Die Tage, von denen Faulkner sagte, sie seien die aufregendsten seines Lebens gewesen. Er erzählte das einem Mann namens Sylvester, einem Major, der zu der Zeit, es war während des Koreakrieges, Informationsoffizier war, stationiert in Greenville, Mississippi, nicht weit von Faulkners Haus. Ein Bibliothekar, den Sylvester kannte, hatte ihm angeboten, ihn mit Faulkner zusammenzubringen. Faulkner erschien auch zur verabredeten Zeit. Er war betrunken. Er trug einen zerknitterten Tropenanzug, in dessen Jackentasche eine Flasche steckte. Sylvester meinte, es war Gin. Sie sprachen über das Fliegen und die Tage, in denen Faulkner, wie er behauptete, Pilot in Frankreich gewesen sei. Er war das nie gewesen. Er hatte es oft erzählt, Frauen, Männern. Vielleicht glaubte er inzwischen selbst daran.

Es gibt ein Gefühl, das Faulkner wahrscheinlich hatte – ich habe es selbst schon gehabt –, dass irgendwo das wahre Leben gelebt wird, aber nicht da, wo man ist.



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