Underground Railroad by Colson Whitehead

Underground Railroad by Colson Whitehead

Autor:Colson Whitehead [Whitehead, Colson]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fiction, General
ISBN: 9783446256552
Google: 1rzADgAAQBAJ
Herausgeber: Carl Hanser Verlag GmbH Co KG
veröffentlicht: 2017-08-20T22:00:00+00:00


Ethel

Seit Ethel einen Holzschnitt von einem Missionar im Kreis von Dschungel-Eingeborenen gesehen hatte, glaubte sie, dass es geistig erfüllend wäre, dem Herrn im dunklen Afrika zu dienen und den Wilden das Licht zu bringen. Sie träumte von dem Schiff, mit dem sie fahren würde, einem prächtigen Schoner mit Segeln wie Engelsflügel, der die wild bewegte See durchquerte. Von der abenteuerlichen Reise ins Landesinnere, Flüsse hinauf, über gewundene Bergpässe, und von den Gefahren, denen sie entrann: Löwen, Schlangen, menschenfressenden Pflanzen, doppelzüngigen Führern. Und dann das Dorf, wo die Eingeborenen sie als Gesandte des Herrn, als Werkzeug der Zivilisation, empfingen. Voller Dankbarkeit hoben die Nigger sie in den Himmel und priesen ihren Namen: Ethel, Ethel.

Sie war acht Jahre alt. Die Zeitungen ihres Vaters enthielten Geschichten von Forschern, unbekannten Ländern, Pygmäenvölkern. Dem Bild in der Zeitung am nächsten kam sie, wenn sie mit Jasmine Missionarin und Eingeborene spielte.

Jasmine war wie eine Schwester für sie. Das Spiel dauerte nie lange, ehe sie zu Mann und Frau übergingen und sich im Keller von Ethels Zuhause im Küssen und Streiten übten. Angesichts ihrer jeweiligen Hautfarbe gab es nie irgendwelche Zweifel über ihre Rolle im jeweiligen Spiel, auch wenn Ethel die Angewohnheit hatte, sich Ruß ins Gesicht zu schmieren. Mit geschwärztem Gesicht übte sie vor dem Spiegel erstaunte und verwunderte Mienen, damit sie wusste, womit sie zu rechnen hatte, wenn sie ihren Heiden begegnete.

Jasmine wohnte mit ihrer Mutter Felice in dem Zimmer unterm Dach. Felice’

Mutter gehörte der Familie Delany, und als der kleine Edgar Delany zehn geworden war, hatte er zum Geburtstag Felice geschenkt bekommen. Nun, als Mann, war Edgar bewusst, dass Felice ein Wunder war und sich um seine häuslichen Angelegenheiten kümmerte, als wäre sie dazu geboren. Er zitierte regelmäßig ihre schwarzen Weisheiten und erzählte ihre Gleichnisse über die Menschennatur jedes Mal, wenn sie in der Küche verschwand, seinen Gästen, sodass deren Gesichter, wenn sie zurückkam, vor Rührung und Eifersucht glühten. An jedem Neujahrstag stellte er ihr einen Passierschein für einen Besuch auf der Parker-Plantage aus; Felice’ Schwester war dort Wäscherin. Jasmine kam neun Monate nach einem solchen Besuch auf die Welt, und damit besaßen die Delanys zwei Sklaven.

Ethel dachte, ein Sklave wäre jemand, der wie ein Familienmitglied bei einem im Haus wohnte, aber kein Familienmitglied war. Ihr Vater erklärte ihr den Ursprung der Negerrasse, um sie von dieser phantasievollen Vorstellung zu kurieren. Einige behaupteten, die Neger seien Überbleibsel eines Geschlechts von Riesen, das in alter Zeit über die Erde geherrscht hatte, aber Edgar Delany wusste, sie waren Nachkommen des verfluchten schwarzen Ham, der sich an

einen Berg in Afrika geklammert und so die Sintflut überlebt hatte. Ethel fand, dass die Neger, wenn sie verflucht waren, umso mehr christlicher Anleitung bedurften.

An ihrem achten Geburtstag verbot ihr Vater Ethel, mit Jasmine zu spielen, um den natürlichen Zustand der Beziehungen zwischen den Rassen nicht zu pervertieren. Ethel schloss schon damals nicht leicht Freundschaften. Tagelang schluchzte sie und stampfte mit den Füßen; Jasmine war anpassungsfähiger.

Jasmine verrichtete einfache Arbeiten im Haushalt und übernahm die Stellung ihrer Mutter, als diese einen Herzanfall erlitt, der sie lähmte und verstummen ließ.



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