Tristan by Martin Grzimek

Tristan by Martin Grzimek

Autor:Martin Grzimek
Die sprache: de
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-03-10T23:00:00+00:00


Stranden ~176~ Im Herzen

Anfangs glaubte er zu träumen. Um ihn herum war es still, in der Ferne hörte .er das Tosen der gegen das Ufer schlagenden Wellen. Der Kahn schaukelte im Auf und Ab des Meeres langsam auf das Land zu, bis sich dort das gestaute Wasser brach und allmählich die Fahrt des Schiffchens beschleunigte.

Tristan hatte bislang nur ab und zu den Kopf über die Bootswand gehoben, erst um nach dem Segel der Norweger Ausschau zu halten, dann aber, als er es auf dem Meer nirgends entdecken konnte, nahm er die felsige Küste in Augenschein. Da er in der dunklen Kammer unterm Bootsdeck alles Gefühl für die Zeit verloren hatte und sich die Wellen unterm trüben Himmel in alle Richtungen zu verteilen schienen, hoffte er wenigstens am Relief des felsigen Ufers auszumachen, in welcher Gegend Parmeniens er stranden würde. Denn davon ging er aus: dass er sich noch immer auf dem Meer vor der normannischen Küste oder der Bretannie befand. Allzu lange konnte er aber nicht nach dem Land schauen. Sein Körper war zu ermattet, sein Kopf schwer, und so sank er nach einigen kurzen Ausblicken immer wieder schnell auf die nackten Planken des Kahns zurück.

Gegen Abend erwachte er ein zweites Mal, diesmal von den heftigen Schlingerbewegungen des Bootes und von dem Fauchen des Wassers. Als er den Kopf hob, erblickte er vor sich eine zerklüftete Bucht voll scharfkantiger Felsen, die im schattigen Licht wie die Zähne eines riesigen Monstrums aussahen. Um sie herum schäumte wie Speichel das aufgewühlte Wasser und spritzte die Gischt über sie hinweg.

Tristan erkannte die Gefahr, in der er sich befand. Würde sein Kahn gegen solch einen Felsen geschleudert, würde er in hundert Stücke zerbrechen. Mit letzter Kraft kroch er an den Bug des Bootes und wartete den Aufprall auf einen der Felsen ab. Kurz bevor dies geschah, stürzte er sich kopfüber ins tosende Wasser und schwamm mit wilden Armschlägen mit der Bewegung der Wellen mit, bis er Grund unter seinen Füßen spürte. Doch der bucklige Felsen, auf dem er gestrandet war, schien von Muscheln bedeckt zu sein, die ihm durch die Sohlen seiner leichten Schuhe in die Füße schnitten. Da er keinen Schmerz fühlte, richtete er sich unbedacht auf, wurde von einer Welle niedergeworfen, weitergetragen, auf den Rücken gedreht und so lange mitgeschwemmt, bis er auf einem Bett aus Kieseln liegen blieb. Das Wasser leckte noch einmal an seinem Körper, umspülte seine Beine - dann zog es sich zurück und blieb fern. Nur sein Rauschen und Klatschen war zu hören, das Poltern und Toben, das sich wie ein grölender Triumph anhörte und zugleich wie eine wütende, todbringende Drohung.

Angst ergriff Tristan. Er raffte sich auf, stolperte über den kurzen Strand, drückte sich an kalt schimmernden Felsvorsprüngen vorbei und gelangte, taumelnd und wie ein Blinder um sich tastend, zu einer Felsnische, auf der sich schwammiges Moos abgesetzt hatte. Dort ließ er sich nieder. Die Nacht war inzwischen hereingebrochen. Zitternd am ganzen Leib spürte er gleichwohl eine Art Zufriedenheit in sich, die ihn von innen her wärmte. Eine



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