Trainspotting by Irvine Welsh

Trainspotting by Irvine Welsh

Autor:Irvine Welsh
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
ISBN: 9783453676602
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 2013-10-13T22:00:00+00:00


Auf der Suche nach dem inneren Mann

Ich bin noch nie im Knast gewesen wegen Drogen. Aber es ham schon n Haufen Arschlöcher probiert, mich zu rehabilitieren. Reha is doch Scheiße; da bin ich lieber im Bau. Reha, da gibt man sich selber auf. Die ham mich schon zu ner Reihe von Therapeuten geschickt, von Vertretern der klassischen Psychiatrie über klinische Psychologie bis hin zu Sozialarbeitern. Doktor Forbes, der Psychiater, hats mit nicht-leitenden Beratungstechniken auf der Grundlage Freudscher Psychoanalyse versucht. Dazu gehörte unter anderem, daß ich über meine Vergangenheit redete und mich auf ungelöste Konflikte konzentrierte, wahrscheinlich davon ausgehend, daß die Identifizierung und Lösung solcher Konflikte die Wut beseitigt, die mein selbstzerstörerisches Verhalten speist, wobei sich dieses Verhalten in meinem Mißbrauch harter Drogen manifestiert.

Ein typisches Gespräch:

Dr. Forbes: Sie haben Ihren Bruder erwähnt, den mit der, ähm, Behinderung. Den, der gestorben ist. Sollen wir über ihn reden?

(Pause)

Ich: Wozu?

(Pause)

Dr. Forbes: Sie wollen nicht über Ihren Bruder reden?

Ich: Nee. Ich seh halt nich, was das mit meiner Heroinsucht zu tun haben soll.

Dr. Forbes: Mir scheint, Sie haben etwa um die Zeit, als Ihr Bruder gestorben ist, angefangen, intensiv Drogen zu nehmen.

Ich: In der Zeit is n Haufen Scheiß gelaufen. Ich bin mir echt nich sicher, wie wichtig das is, den Tod meines Bruders da isoliert zu betrachten. Damals bin ich nach Aberdeen an die Uni. Ich habs gehaßt dort. Dann hab ich auf den Kanalfähren angefangen, nach Holland. Da kommt man an jeden Stoff, den man nur will.

(Pause)

Dr. Forbes: Ich möchte nochmal auf Aberdeen zurückkommen. Sie sagten, Sie haben Aberdeen gehaßt?

Ich: Ja.

Dr. Forbes: Was an Aberdeen haben Sie gehaßt?

Ich: Die Universität. Die Lehrer, die Studenten, alles, ich fand, daß das alles langweilige Spießerärsche sind.

Dr. Forbes: Ich verstehe. Sie waren nicht in der Lage, dort in Beziehung zu Leuten zu treten.

Ich: Na ja, in der Lage schon, aber ich wollte nich, obwohl, das kommt ja für Ihre Zwecke aufs selbe raus (unverbindliches Schulterzucken von Dr. Forbes)… ich hatte einfach kein Interesse an den Ärschen da.

(Pause)

Also, ich hab da wirklich keinen Sinn drin gesehen. Ich wußte ja, daß ich sowieso nich lange bleib. Wenn ich was labern wollte, bin ich ins Pub. Wenn ich vögeln wollt, bin ich zu ner Nutte.

Dr. Forbes: Sie waren bei Prostituierten?

Ich: Ja.

Dr. Forbes: Weil Ihnen das Selbstvertrauen fehlte, soziale und sexuelle Beziehungen zu Frauen an der Universität eingehen zu können?

Ich: Nee, n paar Weiber hab ich schon kennengelernt.

Dr. Forbes: Und was geschah dann?

Ich: Ich war bloß an Sex interessiert, nich an ner Beziehung. Ich hatte auch nich die Motivation, das zu verschleiern. Ich hab die Frauen bloß als Mittel gesehen, meine sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen. Dann fand ich, daß es einfach ehrlicher war, zu ner Nutte zu gehen, als Spielchen zu spielen. Damals war ich n ziemlich moralisches Arschloch. Also hab ich mein Stipendium für Nutten verplempert und Essen und Bücher geklaut. So hat das mit der Klauerei angefangen. Das lag nich so sehr am Stoff, aber geholfen hat der sicher auch nich.

Dr. Forbes: Hmm. Kommen wir auf Ihren Bruder zurück, den mit der Behinderung.



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