Topas aus dem Elfenwald 04 - Der Zauber des Elfengewands by Binder Sibylle Luise

Autor:Binder, Sibylle Luise [Binder, Sibylle Luise]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-04-17T04:00:00+00:00

Kapitel 9

Mortron erzählt

Obwohl Fipps vor Ungeduld zappelte, hatte Mortron es offensichtlich nicht eilig, mit seiner Version der Geschichte zu beginnen. Stattdessen stand er auf und ging zum Torbogen. „Ich brauche etwas zu trinken. Möchtest du auch etwas?“, fragte er.

Fipps kämpfte kurz gegen die Versuchung an, ihm ein trotziges „Nein“ entgegenzuschleudern. Aber sie war durstig, deshalb nickte sie. „Ja, bitte.“

„Und womit kann ich dir dienen?“ Mortron klang, als ob er täglich gefangene Elfenprinzessinnen in der Kristallhalle bewirten würde. „Tee, Kaffee, Saft, Wasser? Oder trinkst du schon Wein?“

„Ich hätte gerne Saft und etwas Wasser“, bat Fipps. Mortron beugte den Kopf. „Dein Wunsch ist mir Befehl“, lächelte er und verschwand aus der Halle.

Fipps sprang sofort von ihrem Lager auf und schaute sich um. Bisher hatte er das Gewand ihrer Mutter immer mit sich herumgetragen. Vielleicht hatte er es auch jetzt wieder mitgebracht. Und vielleicht hatte er es sogar hier in der Halle liegen gelassen. Fipps wusste ja, wie klein es sich zusammenfalten ließ.

Sie untersuchte seinen Sessel, doch auf ihm lag nur ein dickes, mit Samt bezogenes Kissen. Auch der Thron sah leer aus. Dennoch eilte Fipps zu ihm hinüber und hob das Sitzpolster an.

„Entschuldige, Philippa.“ Mortron war zurück, ein Tablett mit zwei Pokalen balancierend. „Ich denke, du solltest die Wahrheit kennen.“ Er schritt zu seinem Sessel, hielt das Tablett davor und wedelte einmal mit der Hand. Dem Tablett wuchsen Beine und er ließ es los.

Fipps spürte, dass sie errötete. Um ihre Verlegenheit - es war ihr unangenehm, dass er sie nicht nur erwischt, sondern auch durchschaut hatte - zu überspielen, ging sie zu dem Tischchen und nahm den Pokal. „Danke.“ Durstig trank sie. „Vielleicht solltest du mir die ,Wahrheit‘ jetzt endlich erzählen“, sagte sie dann.

Mortron nahm selbst einen Schluck, dann stellte er seinen Becher zurück auf das Tablett und lehnte sich entspannt zurück. „Lass mich so beginnen: Warum, glaubst du, will ich die Kraftquellen der Kobolde entsiegeln?"

Fipps stöhnte. „Weil du es ihnen versprochen hast! Du brauchst sie, um die Macht im Elfenreich zu übernehmen."

„Macht...“, wiederholte Mortron langsam. „Macht ist das, was Oberon um- und antreibt. Für ihn dreht sich immer alles um Macht.“ Er sprach das Wort fast verächtlich aus. „Darum kann er sich vermutlich ganz und gar nicht vorstellen, dass andere gar nicht so sehr an Macht interessiert sind wie er.“

„Ach? Du bist also nicht daran interessiert?“, fragte Fipps ironisch.

Mortron schüttelte den Kopf. „Was soll ich damit? Dein Großvater mag es großartig finden, den König aller Elfen zu geben. Aber ich weiß zu gut, was das bedeutet: Ständigen Ärger mit den Ältesten, die sich in alles einmischen und alles besser wissen, aber selbst keinen Finger rühren. Der König der Elfen ist doch im Grunde nicht mehr als der, der für den Rat der Ältesten die Drecksarbeit erledigen soll! Wenn die Zwerge mal wieder den Aufstand proben, irgendwelche Elfen aus dem Ruder laufen oder die Hexen beschließen, ihr eigenes Ding durchzuziehen, darf seine Majestät, der großmächtige Elfenkönig, losziehen und die Probleme lösen. Aber bitteschön, immer artig nach den Vorgaben der Ältesten!“ Mortron atmete tief durch.

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