Tod durch Erinnern by Corinna Waffender

Tod durch Erinnern by Corinna Waffender

Autor:Corinna Waffender
Die sprache: de
Format: mobi
veröffentlicht: 2012-02-21T19:24:21+00:00


„Hallo, mein Schatz! Wie geht es dir?“

Nadine bemühte sich, möglichst unaufgeregt zu klingen: „Hallo, Papa. Weißt du, wo Mama bleibt?“

„Wie meinst du das?“

„Sie wollte um acht Uhr hier sein.“

„Bei dir in Berlin?“ Seine Stimme überschlug sich fast. „Davon weiß ich ja gar nichts! Was ist denn los?“

Nadine sah fragend zu Erkner, der vehement den Kopf schüttelte und den Zeigefinger an die Lippen legte.

„Nichts Besonderes. Frauensachen. Ich hab Mama gebeten zu kommen.“

„Und da setzt sie sich ins Auto und fährt einfach nach Berlin, ohne mir etwas zu sagen?“, polterte er los.

„Sie wird dich schon anrufen, wenn sie hier ist.“

„Und zwar als Erstes, ist das klar?“ Sein anfangs wohlwollender Ton war einer unmissverständlichen Schärfe gewichen.

Nadine biss sich auf die Lippen, schwieg. Er versuchte einzulenken.

„Jetzt sei nicht böse, Kleines.“

„Ich bin nicht böse und ich bin nicht klein. Und ich bin schon gar nicht deine Befehlsempfängerin.“ Ihre ganze Wut, die sich im Laufe der letzten zwei Tage aufgestaut hatte, richtete sich plötzlich gegen ihn. Erkner begrüßte das, es machte das Gespräch authentisch. Aus irgendeinem Grund, den er sich noch nicht erklären konnte, wollte er unbedingt vermeiden, dass Paul Stenner wusste, was gespielt wurde.

„Ist ja gut. Ich mache mir eben Sorgen.“

„Um wen genau?“

„Um Mama. Und um dich“, beeilte er sich zu sagen.

„Seit wann?“

„Nadine, ich will mich jetzt nicht mit dir streiten.“

„Dann tu es nicht. Ich richte Mama aus, dass sie sich bei dir melden soll. Ciao.“ Dann drückte sie ihn weg.

„Pascha“, murmelte sie. Und zu Florian gewandt: „So redest du ein einziges Mal mit mir und ich lass mich am nächsten Tag scheiden, das schwöre ich dir!“

Sie gingen in die Küche.

„Willst du auch einen Tee?“, fragte er.

Sie nickte, setzte sich auf einen Stuhl und zog die Beine an.

„Papa war Kais Lehrer“, sagte sie plötzlich.

„Was? Woher willst du das wissen?“ Erstaunt ließ Florian den Teebeutel sinken.

„Behauptet die Kommissarin. Vor meiner Zeit. In Physik.“ Sie umschlang mit den Armen ihre Beine und legte den Kopf auf ihre Knie. „Warum hat sie mir das nie erzählt?“

„Vielleicht hat sie nicht mitgekriegt, wer dein Vater ist.“

„Doch.“

„Wie denn?“

„Vor ein paar Wochen war sie hier, weißt du noch, als wir zusammen gekocht haben. Sie kam früher, weil sie nach der Uni nicht noch mal nach Hause wollte. Auf meinem Schreibtisch lagen die Fotos, mit denen ich Mama den Kalender gebastelt habe. Sie hat sie sich alle genau angesehen. Gefragt, ob das meine Eltern wären. Wollte ihre Vornamen wissen.“

„Hast du das der Polizei erzählt?“

„Mehr oder weniger.“

„Und?“

„Die Kommissarin glaubt, meine Eltern hätten etwas mit dem Mord an Kai zu tun. Oder hätten mich dazu angestiftet.“

„Krass.“

„Krass? Das ist völlig absurd!“

Er holte Tassen aus dem Schrank, Milch aus dem Kühlschrank und stellte alles auf den Tisch. „Aber Zufall ist das irgendwie auch nicht, oder?“

Nadine antwortete nicht. Sie traute ihrem Vater einiges zu. Doch sie erlaubte sich nicht, ernsthaft darüber nachzudenken. Es gab nur einen einzigen Grund, weshalb ein Lehrer eine ehemalige Schülerin zum Schweigen hätte bringen wollen.

„Was denkst du?“

„Ach, nichts. Ich frage mich, wo Mama bleibt. Vielleicht ist etwas passiert.“

Ihre Mutter war zuverlässig. Wenn sie eine Panne hätte, würde sie von der nächsten Telefonzelle aus anrufen.



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