Teurer Spass by Korber

Teurer Spass by Korber

Autor:Korber
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2014-01-23T05:00:00+00:00


19

Am späten Nachmittag stand Jeannette vor dem Eingang des Gostner Hoftheaters. Die bunten Reste zahlloser Plakate wiesen ihr den Weg zu dem eher unscheinbaren Theatereingang. Sie durchquerte das Lokal, wo im spärlichen, staubig hereinfallenden Licht ein Barkeeper gelangweilt Gläser spülte, und fragte nach Leila Hofmann. Mit einem Kopfnicken wurde sie weiter zur Bühne verwiesen. Jeannette öffnete die Tür und fand sich blinzelnd im dunklen Zuschauerraum wieder. Nur die Bühne selbst war erhellt. Drei junge Menschen standen dort herum, in legerer Kleidung, ein Handy am Ohr und damit beschäftigt, so zu tun, also telefonierten sie hektisch und lauthals, während sie umeinander herumliefen, ohne einander zu begegnen oder wahrzunehmen.

Jeannette wollte die Hand heben und rufen, um sich bemerkbar zu machen. Aber ehe sie etwas sagen konnte, senkte einer der Schauspieler die Hand, wandte sich dem Zuschauerraum zu und rief: »Leila, ich habe immer noch Schwierigkeiten mit dem Text an dieser Stelle. Wäre es nicht besser, wir improvisierten?«

»Ja«, meldete sich das Mädchen an seiner Seite zu Wort. »Einfach raussprudeln lassen, was einem so durch den Kopf geht, die ganz normalen Alltagssachen, Telefonate, die man selber geführt hat. Darum geht es doch, oder?« Sie trat an die Rampe und legte eine Hand über die Augen, um die Gestalt, die in der ersten Reihe im Dunkeln saß, besser sehen zu können. »Um den ganzen alltäglichen Schrott in seiner Banalität.«

Jeannette hatte bereits Kurs auf den schwarzen Umriß genommen, als jemand sie an der Hand packte. Mit einem Ruck wurde sie auf einen Sitz an der Treppe gezogen.

»Genießen Sie die Show«, sagte eine tiefe, leise Stimme.

Es war Metz.

Sie atmete erst einmal tief durch, um den Schreck zu verarbeiten. »Was machen Sie denn hier?« zischte sie dann. »Hatten wir nicht vereinbart, daß die Freiberufler mir gehören?«

Er lachte leise. Sie hörte es im Dunkeln mehr, als daß sie es sah. Und sie konnte ihn riechen, ein herber, gar nicht unangenehmer Duft. Ein wenig nach Rasierwasser, ein wenig nach frischer Wäsche, ein wenig nach Mann. Ihre Nasenflügel weiteten sich, als sie den Namen seines Aftershave zu erraten suchte. Sie war dankbar, daß Metz ihren Gesichtsausdruck nicht erkennen konnte.

»Higher Energy, von Dior«, sagte er, und Jeannette ballte die Faust. Sie zitterte vor Ärger, ermahnte sie sich, aus reiner Wut über seine Einmischung. »Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, zischte sie. »Es sei denn, das ist Ihre Entschuldigung dafür, daß Sie mir in meine Ermittlungen pfuschen.«

Er lachte wieder. »Ich war mit meiner Liste durch, das ist alles«, meinte er. »Und ich dachte, Sie möchten vielleicht mit mir zu Mittag essen. Pst.« Er legte den Finger auf die Lippen und wandte den Kopf wieder nach vorn, wo die Schauspieler noch immer debattierten.

»Die Sprache ist so künstlich«, erregte der erste Schauspieler sich gerade. »So redet doch kein Mensch im wirklichen Leben.«

»Was meinen Sie?« fragte Metz leise.

Jeannette schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Die Regisseurin betextet im Hauptberuf Babyartikel.«

»Das Stück heißt ›Teurer Spaß‹«, meinte Metz, »und es handelt von dem hohen Preis, den wir für die moderne Spaßgesellschaft zahlen. Steht im Programmheft«, fügte er hinzu, als er ihr erstauntes Schweigen bemerkte, und drückte ihr ein Papier in die Hand.



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