Surfen mit dem Mörder by Sally Chapman

Surfen mit dem Mörder by Sally Chapman

Autor:Sally Chapman [Chapman, Sally]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 3612273337
Herausgeber: ECON Taschenbuch Verlag GmbH, Düsseldorf und München
veröffentlicht: 1997-05-21T22:00:00+00:00


10

Jetzt brauchte ich erstmal einen Riesenschuß Tequila, um meine Nerven zu beruhigen. Sobald Paoli vom Krankenhaus abgebogen war, wies ich ihn an, zur Rainbow Lounge zu fahren. In diese laute Bar für die eher heruntergekommenen Bewohner des Silicon Valley hatte mich vor einem Monat eine Freundin mitgenommen. Noch vor einem Jahr wäre ich lieber gestorben, als im Rainbow gesehen zu werden. Aber vor einem Jahr waren die Dinge auch sehr anders gewesen — und ich auch.

Bevor wir uns dort niederließen, ging ich zum Münztelefon, hielt die speckige Sprechmuschel so weit wie möglich von meinem Mund weg und rief Lieutenant Dalton an. Ich erzählte ihm, was mit Gloria passiert war. Ich nannte ihm Dr. Horsts Namen und schlug vor, daß er von ihm die Autopsieergebnisse erfragte. Dalton stellte mir ein paar Fragen zu dem blauen Drohbrief, den wir vorhin bei ihm abgeliefert hatten. Nachdem ich sie beantwortet hatte, ging ich zu Paoli an die Bar.

Er bestellte sich ein Bier und mir einen Weißwein. Als unsere Getränke kamen, hob ich mein Glas an die Lippen, schaute kurz hinein und begutachtete es dann noch einmal genauer. Der Wein sah aus wie eine Urinprobe. Also ließ ich ihn zurückgehen und bestellte ein Glas Tequila, das erschien mir vertrauenswürdiger. Paoli beobachtete mich erstaunt, als ich mir Salz auf den Handrücken streute, es ableckte, den Tequila in einem Schluck hinunterschüttete und dann einen Limettenschnitz auslutschte.

»Hat man dir das in Stanford beigebracht, als du deinen Master of Business Administration gemacht hast?« fragte Paoli, während er fasziniert zusah, wie sich mein Gesicht verzog. Es war nicht ganz einfach, gleich zu antworten, hatte ich doch noch meine Zähne fest in der Limette verhakt. Tequila ist ein scharfes Getränk, und die Limette schmeckte, als ob sie in der letzten Woche keinen Kühlschrank von innen gesehen hätte. Nach ein paar Sekunden spürte ich das warme Glühen in meinem Brustkorb. Ich nahm die Limette wieder aus dem Mund und legte sie auf einer Papierserviette am Tresen ab.

»Es gibt eine Menge Sachen, die man vergessen hat, mir in Stanford beizubringen«, sagte ich, und meine Stimme war vom Alkohol noch ganz rauh. »Man hat mir was über Finanzanalysen und über Computer beigebracht«, sagte ich und zählte die verschiedenen Fächer an meinen Fingern ab. »Man hat mir was über den Aktienmarkt, Statistik und Betriebsmargen beigebracht. Aber nicht eine einzige wissenswerte Sache über zwischenmenschliche Beziehungen hat man mir beigebracht. Küß mich.«

Ich vertrage keinen Alkohol. Mehr als ein Glas Wein trinke ich eigentlich nur, wenn ich gerade einen Fall bearbeite. Da das bislang eher unregelmäßig vorgekommen war, stieg mir der Alkohol schon jetzt zu Kopf.

Ich weiß nicht, warum ich unbedingt in diesem Moment geküßt werden mußte, es war eben so. Paoli stand auf und hob mich aus meinem Stuhl, nahm mich fest in die Arme und küßte mich, als hätten wir beide nur noch dreißig Sekunden zu leben. Von den anderen Gästen in der Bar war leiser Applaus zu hören. Paolis Kuß kam mir wie eine Ewigkeit vor. Er war köstlich, intensiv und voller Verlangen, und meinetwegen hätten wir die ganze Nacht weitermachen können, doch irgendwann hörte er auf.



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