Strahlenmeer - Kriminalroman by Gmeiner-Verlag

Strahlenmeer - Kriminalroman by Gmeiner-Verlag

Autor:Gmeiner-Verlag
Die sprache: deu
Format: mobi, epub, azw3
Herausgeber: Gmeiner-Verlag
veröffentlicht: 2014-01-06T23:00:00+00:00


22 Das schweizerdeutsche Wort Cheib meinte ursprünglich ein ausgezehrtes, dem Tode geweihtes Tier. Mit der Zeit wurde der Begriff auch auf Menschen ausgedehnt, die den Galgen verdient hatten oder bereits tot waren. Erst später entstand die heute noch geläufige Verwendung im Sinne von Schelm, Schuft, verhasster Mensch, vermaledeites oder störrisches Ding oder Wesen.

KAPITEL 34

Die Nacht war für Jean-Jacques Trümpi kurz gewesen, aber er schaffte es tatsächlich, alle 67 Notizbücher durchzuforsten. Wichtige Stellen markierte er mit Post-it-Klebern, außerdem erstellte er einen Index, um Stichworte besser zu finden. Der Kaffeekonsum war während der Nacht beträchtlich gewesen, doch gegen drei Uhr in der Früh war die letzte Seite gelesen.

Danach bekundete Jean Mühe, den Schlaf zu finden, so aufgekratzt war er. Oder vielleicht wirkte das Koffein erst jetzt. So oder so war es eindrücklich gewesen, gleichsam literarisch in das Leben einer fremden Person, die man nie kennengelernt hatte, einzudringen und wie auf Schienen durch die Jahrzehnte zu fahren. Zwei Drittel der Bücher handelten von Bauprojekten oder von Dingen, die uninteressant waren. Das restliche Drittel aber lieferte teilweise komplexe, verschachtelte und reichlich esoterische Kost. Immer wieder schien Hungerbühlers Liebe zur ägyptischen Kultur durch, die sich auch im Bau seines eigenen Tempels, wie er sein Refugium nannte, niedergeschlagen hatte. An mehreren Stellen beschrieb er Erkenntnisse über die energetischen Verhältnisse in Pyramiden. Er zeichnete die Energielinien genauso ein, wie sie Trümpi selbst erlebt hatte. Auch wenn es sich der Polizist nicht erklären konnte, hatte er am eigenen Leib erlebt, wie sich in Hungerbühlers Labor seine Batterien aufluden. Dass sich selbst Rasierklingen unter einer Pyramide von selbst schärften, wie es der Freimaurer beeindruckt beschrieb, konnte Trümpi nicht nachvollziehen. Noch eher konnte er glauben, dass es sich unter Pyramiden prima meditieren ließ, weil die Geistesenergien gebündelt wurden.

Auch über die Freimaurer-Bewegung fanden sich viele Einträge, nicht selten ausgewachsene Referate, die der Bauingenieur wohl auch gehalten hatte. Am spannendsten im Zusammenhang mit ihren Ermittlungen waren freilich die Notizen rund um die Verwendung von radioaktiven Stoffen. Er startete in den 70er-Jahren mit ersten Versuchen und experimentierte mit allem Möglichen. Eine Weile arbeitete er an radioaktivem Mörtel, der eine konstante, aber marginale Strahlung aussandte, um den Zellverfall von Lebensmittel zu bremsen und sie damit länger haltbar zu machen. Dass man freilich beim Verzehr dieser verstrahlten Nahrungsmittel auch selber kontaminiert wurde, dürfte der Hauptgrund gewesen sein, warum er das Experimentierfeld wechselte. Zu Beginn der Achtzigerjahre kam die Spagyrik23 aufs Tapet, und er interessierte sich für die Heilwirkung von Pflanzen ebenso, wie ihn das Thema der kontrollierten Zellverjüngung durch radioaktive Isotope faszinierte. 1979 beschrieb er zum ersten Mal ein gelungenes Experiment, wonach er bei sich selber einen Hautausschlag kurierte. Dank der verschwindend kleinen Dosis von Radium hätte sich die Haut nicht nur erneuert, sondern verjüngt. Seit diesem Durchbruch testete er alle möglichen Wirkweisen an sich und an anderen Freiwilligen. Er nannte sie nicht per Namen, sondern arbeitete mit Kürzeln. Sehr häufig kamen vier Personen in den fragwürdigen Genuss seiner Behandlungen. Verbrennungen, Schürfungen und gar Narben hätten sich bei T. und H. erstaunlich schnell gebessert und gar erneuert, frohlockte er 1985.



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