Spur der Flammen by Wood Barbara

Spur der Flammen by Wood Barbara

Autor:Wood, Barbara [Wood, Barbara]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783104002446
Herausgeber: Fischer e-books
veröffentlicht: 2011-10-17T16:00:00+00:00


»Sag mir: wird es denn geschehen,

dass ich einst in Edens Höhen

Darf ein Mädchen wieder sehen, selig in der Engel Heer –

Darf ich Lenor’, die ich verloren

sehen in der Engel Heer?«

Sprach der Rabe: »Nimmermehr.«

Nein!, entrang es sich Philos Seele. Nicht nimmermehr!

Aber wie? Wie nur? Er schlug mit den Fäusten auf den Marmor, bis sie bluteten. Und dann: Weine nicht, wenn geliebte Menschen sterben, denn sie werden wieder bei dir sein. Sie wandeln in den Wolken, bis zu dem Tag, da sie wieder auf Erden wandeln, wenn sich Großvater Schöpfer zu seinen Kindern gesellt.«

Philo meinte einen Chor zu hören, den Gesang der Topaa-Indianer Südkaliforniens, die zwar längst ausgestorben waren, deren religiöse Überzeugungen jedoch in Philos persönlichem Archiv erhalten und bewahrt wurden.

Der vermeintliche Chor wurde lauter. »Im Buch Daniel steht geschrieben, dass viele, so unter der Erde schlafen liegen, aufwachen werden, zum ewigen Leben.«

Jetzt erhoben Soprane und Baritone ihre Stimmen, und ein hundertfacher Chor sang: »Und Jesus sprach: ›Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er gleich stürbe.‹«

In Philos Kopf stach und zischte es wie Feuer, als die Stimmen aufeinander prallten, übereinander zusammenschlugen und wieder zu Harmonie fanden. Aufhören!, rief er, aber die Stimmen wurden nur noch lauter. Er hörte Worte von Konfuzius: »Behandle die Geister der Toten, als wären sie zugegen« und vom heiligen Augustinus: »Am Jüngsten Tage wird das, was unseren Körper ausmacht, wieder erstehen. Der Allmächtige Gott wird alles, was durch Feuer oder durch wilde Tiere verschlungen worden oder in Asche und Staub zerfallen ist, zusammenfügen und uns wieder körperlich machen.«

In seinem erhitzten und gemarterten Kopf schwoll das Gewirr der Stimmen an. Es waren die Stimmen der Alexandrier. Sie riefen ihm durch die Jahrhunderte hindurch zu, schrien von der anderen Seite zu ihm herüber, so wie Batseba Thibodeau einstmals zu den Toten hinübergeschrien hatte, zu Alexandriern mit Namen Marcus und Julia, Theodorich und Guillem, Comte de Toulouse, Baron of Rosslyn, Egill der Däne, Mary MacLeod, André de Chartres, Charles Brynmorgan, all jene, die ihm die umfangreiche Sammlung des Geheimbunds nahe gebracht und ihm eingeschärft hatten, was er glauben sollte.

»Aufhören!«, rief er und hielt sich die Ohren zu.

Das Stimmengewirr verstummte. Nur eine, die eines Dichters namens Yeats, drang leise durch die Stille: »Wie viele liebten die Momente deiner schönen Reize/Und liebten deine Schönheit mit Liebe wahr und falsch/Doch ein Mann liebte des Wanderers Seele in dir …«

Philo stockte der Atem. Er blinzelte auf den Marmor. Des Wanderers Seele in dir … hallte es in ihm nach und verebbte.

Und dann begriff er. Urplötzlich. Als ob die Sonnenstrahlen in der Kapelle eine feine Kerbe in seinen Schädel gemeißelt hätten und durch Knochen zur grauen Masse, dem Sitz seines Bewusstseins, vorgedrungen wären. Es war ihm von Anfang an klar gewesen, warum Lenore hatte sterben müssen – um ihm freie Hand zu geben, seine heilige Aufgabe auf Erden durchzuführen –, nur hatte er vergessen, dass Lenore darauf wartete, zu ihm zurückzukehren.

Er hatte sich daraufhin aufgesetzt, an jenem Tag vor siebzehn Jahren. Noch immer von allen möglichen Gedanken



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