Sirenen by Djian Philippe

Sirenen by Djian Philippe

Autor:Djian, Philippe [Djian, Philippe]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Neue Literatur
ISBN: 978-3-257-60375-0
Herausgeber: Diogenes
veröffentlicht: 2014-12-27T16:00:00+00:00


NATHAN

Ich bin überzeugt, daß die Klone unter uns sind.

Ich glaube, daß die Technik schon seit langem ausgereift ist.

Wolf, mit dem ich darüber gesprochen habe, neigt dazu, mir recht zu geben. Da Wolf für ein paar Tage weg ist, begleite ich Chris zu einer Blutuntersuchung – sie hat sich in den Kopf gesetzt, ihre Immunabwehr testen zu lassen.

Da sie noch unter der Dusche stand, schlug ich eine wissenschaftliche Zeitung auf, man brauchte nur zwischen den Zeilen zu lesen. Das tat ich dann auch.

»Chris, mir ist völlig klar, daß es dieser Welt ziemlich dreckig geht«, erklärte ich, während wir mit heulender Sirene zu dem Institut für Laboratoriumsdiagnostik fuhren, in dem wir früher die für die Eheschließung erforderliche Blutuntersuchung hatten durchführen lassen. »Ich habe nie behauptet, daß euer Kampf unbegründet ist. Glaub das nur nicht. Unterstell mir das bitte nicht. Und noch etwas anderes: Ich hoffe doch, ihr benutzt Kondome, oder? Hm? Chris. Sieh mich an. Ich hoffe, ihr benutzt Kondome.«

Ich lud sie zu einem ordentlichen Frühstück ein, denn sie war ziemlich blaß, als sie das Institut verließ.

»Hör zu. Eine Blutuntersuchung machen zu lassen, bringt überhaupt nichts. Ich verstehe dich nicht. Du ißt nur [243] Bioprodukte und vögelst ohne Verhütungsmittel mit dem Erstbesten. Du bist echt verrückt geworden. Du steckst voller Widersprüche. Ist dir das eigentlich klar? Und das zu einer Zeit, in der sich alle möglichen Krankheitserreger in Windeseile verbreiten und ganze Kontinente dezimieren. Hm? Du fühlst dich wohl, hoffe ich. Na ja, okay, er macht einen gesunden Eindruck. Zum Glück macht er einen gesunden Eindruck. Aber wer weiß.«

Anschließend begleitete ich sie zu einer Kirche, in der eine buntgemischte Menge und drei Typen, die im Hungerstreik waren, weiß der Teufel worauf warteten und irgendeinem Heiligen Kerzen stifteten.

»Kann ich dich nicht zum Abendessen einladen? Und warum sollte ich dich nicht zum Abendessen einladen können? Wer soll uns daran hindern? Wir sind ja nicht gezwungen, es ihm zu sagen. Warum sollten wir gezwungen sein, es ihm zu sagen? Kannst du etwa nicht tun und lassen, was du willst?«

Später, am Nachmittag, tat ich etwas Lächerliches. Das Schlimmste daran war, daß es mir irrsinnig Spaß machte.

Chris hatte mir gründlich die Laune verdorben. Marie-Jo rief mich vom Campus an. Ich überlegte mir, daß Francis Fenwick mir, wenn ich allein im Büro auftauchte und nichts tat, soviel Arbeit aufhalsen würde, daß ich bald unter Tonnen von Papieren erstickte. Und so trödelte ich in der Stadt. Ich trödelte in der Stadt, bis ich irgendwann feststellte, daß ich vor dem Hochhaus von Paul Brennen parkte. An einem schönen Spätnachmittag. Die Leute machten Einkäufe, die Leute sahen sich die Schaufenster an, die [244] Leute trugen Taschen und liefen über die Bürgersteige, vor den eleganten Läden warteten Taxis, die Leute nutzten die Gelegenheit, daß gerade mal keine Katastrophe in Aussicht war wie neulich, als es in der Metro einen Alarm nach dem anderen gegeben hatte, oder in dem Monat, als die Mülltonnen nicht mehr geleert wurden, oder als es fast zu einem Konflikt mit China gekommen wäre. Sie nutzten die Gelegenheit, um



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