Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition) by Yrsa Sigurdardóttir

Seelen im Eis: Island-Thriller (German Edition) by Yrsa Sigurdardóttir

Autor:Yrsa Sigurdardóttir [Sigurdardóttir, Yrsa]
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi
ISBN: 9783104025162
Herausgeber: Fischer E-Books
veröffentlicht: 2013-10-16T22:00:00+00:00


17. Kapitel

Meistens schlichen sich die Kollegen heimlich in den kleineren Besprechungsraum, wenn sie in Ruhe telefonieren wollten. Ansonsten wurde er nicht benutzt. Doch da sich die Tür direkt neben der Teeküche befand, war es manchmal ziemlich witzig, diese Aktionen mitzuverfolgen. Óðinn war das völlig egal. Angesichts seiner vielen Probleme spielte es überhaupt keine Rolle, ob ihn jemand sah. Deshalb war er einfach unter den wachsamen Blicken seiner Kollegen in den Besprechungsraum marschiert, ohne auch nur so zu tun, als hole er sich einen Kaffee oder betrachte die Ankündigungen am Schwarzen Brett, die an der danebenliegenden Wand hingen. Obwohl ihn die Neugier der anderen nicht störte, wollte er vermeiden, dass sie ihn mit Rúns Therapeutin telefonieren hörten, und machte die Tür zu.

Er stellte sich ans Fenster und spielte mit der Jalousiestange, während er ihre Nummer wählte, nachdem er sich vergewissert hatte, genau zu der Uhrzeit anzurufen, um die Nanna ihn gebeten hatte. Óðinn betrachtete die Jalousie und schloss und öffnete sie abwechselnd – im einen Moment sah man die trist-graue Umgebung vor dem Fenster und im nächsten das schneeweiße Plastik der Jalousie. Als er schon dachte, die Therapeutin würde nicht abnehmen, hörte er Nannas bedächtige Stimme am anderen Ende der Leitung.

»Ich bin froh, dass Sie anrufen, ich war mir nicht sicher, ob Sie meine E-Mail von heute Morgen bekommen haben.«

Óðinn wurde bewusst, dass er die Mail hätte beantworten sollen, aber Kommunikation war noch nie seine Stärke gewesen.

»Doch, doch, die habe ich gesehen«, entgegnete er.

Was für ein Blödsinn, selbstverständlich hatte er die Mail gelesen, sonst hätte er ja nicht genau zu dieser Uhrzeit angerufen. Während er telefonierte, spielte er mit der Jalousie herum, öffnete und schloss sie immer schneller, bis die graue Umgebung und das schneeweiße Plastik ineinanderflossen.

»Wie ist es mit Rún gelaufen? Sie wirkte nach der Stunde ganz zufrieden«, sagte er und fügte hastig hinzu: »Oder wollten Sie über etwas anderes mit mir sprechen?«

Ging es vielleicht um seine Kreditkartenangaben und die Zahlung der Rechnung?

»Wenn Sie das schon ansprechen, möchte ich eins klarstellen. Ich will nicht, dass Rún weiß, dass wir miteinander reden. Es ist wichtig, dass sie mir vertraut. Und ich werde nichts mit Ihnen besprechen, was dieses Vertrauen aufs Spiel setzen könnte. Rún ist meine Klientin, nicht Sie.«

Óðinn konnte sie atmen hören.

»Ich hoffe, Sie verstehen das. Eltern meinen oft, sie müssten alles wissen, was ihr Kind denkt und tut, aber das ist nicht immer gut für sie.«

»Das möchte ich ja auch gar nicht«, protestierte Óðinn und ließ die Jalousienstange los. »Sie haben mich doch gebeten, Sie anzurufen.«

»Ja, genau.«

Wieder hörte er Nanna tief einatmen. Anscheinend wollte sie ihm die Gelegenheit geben, etwas zu sagen, aber er war nicht in der Stimmung dafür.

»Zum einen wollte ich Ihnen sagen, dass alles gut gelaufen ist. Rún ist verschlossen, aber ich merke, dass ich an sie rankommen werde. Die wenigsten öffnen sich sofort zu Beginn einer Therapie, aber mit der Zeit wird Rún lernen, sich mir anzuvertrauen. Deshalb ist es wichtig, dass sie wöchentlich zu mir kommt. Falls die Kosten ein Problem darstellen, werden wir eine Lösung finden.



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