Scheinbar verliebt by Jenny B Jones

Scheinbar verliebt by Jenny B Jones

Autor:Jenny B Jones [Jones, Jenny B]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: gemeinnützige Einrichtung, Humor, Liebe, christlich, Footballstar, zeitgenössischer Roman
Herausgeber: Verlag der Francke-Buchhandlung
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


21. Kapitel

Lucy ging den langen Flur entlang, vorbei an Ölgemälden von Generationen der Familie Deveraux. Hinter dem sechsten oder siebten Schlafzimmer – Lucy hatte den Überblick verloren –, fand sie das Abbild ihres Vaters als junger Mann in den Zwanzigern. Genau in diesem Alter musste er ihre Mutter verführt und dann sitzen gelassen haben.

„Du siehst aus wie er.“ Clare trat neben sie, den Blick unablässig auf das Bild gerichtet.

„Ich ziehe meine Mutter vor.“ Eine Frau, die Lucy allerdings mittlerweile auch fremd geworden war.

Clare fingerte an ihrer Brosche herum. „Du hast Annas freundliches Herz. Und das ist ein Segen.“ Sie wackelte mit dem Zeigefinger. „Und jetzt komm.“

Lucys Schlafzimmer hätte den Seiten von Schöner Wohnen entsprungen sein können. Sie war umgeben von edlem, elegantem Weiß, wo sie auch hinsah. Ein Himmelbett war der Mittelpunkt des Zimmers, das mit einem schönen Quilt bedeckt war und auf dem so viele weiche Kissen lagen, dass jedes Mädchen sich dort sofort gerne hineingeworfen hätte. Dem Bett gegenüber stand ein weißer Kamin und darüber hing ein antiker Spiegel.

„Es ist … hübsch“, sagte Lucy in die Stille hinein.

„Ich weiß, dass du nicht hier sein willst. Aber ich denke, es ist ein Segen.“

„Clare, ich weiß noch nicht, was ich mit dieser ganzen Sache anfangen soll. Meine Mutter hat mich angelogen.“ Sie seufzte. „Über meinen Vater. Darüber, wer ich bin. Und das Komische ist, dass ich sie trotzdem nie mehr vermisst habe als gerade jetzt. Ich will noch einmal die Chance bekommen, mit ihr zu reden – sie zu fragen, warum sie dein Geld genommen hat. Warum sie sich hat kaufen lassen. Sie hätte mir doch wenigstens die Wahrheit sagen können.“

Clare setzte sich auf einen Stuhl neben das Bett. „Zuerst einmal glaube ich, dass deine Mutter schreckliche Angst davor hatte, es jemandem zu erzählen. Die Vereinbarung, die sie unterschrieben hat, hat sie an das Schweigen gebunden, gegen eine großzügige Entlohnung.“

„Aber ich war ihre Tochter. Es wäre mein Recht gewesen, darüber Bescheid zu wissen. Und nach einer Weile hatte sie doch nichts mehr zu verlieren. Sie wusste sicher, dass du niemals einen Skandal riskiert hättest.“

„Ja, da hast du recht.“ Clare fuhr mit den Fingern über die Schnitzereien in der Armlehne. „Ich denke, deine Mutter wollte etwas Besseres für dich. Mein Sohn ist von einem Skandal in den nächsten gestolpert. Anna wollte vermutlich, dass du einen Helden zum Vater bekommst. Einen guten Mann. Es gab keinen Grund für sie, dich mit meiner Familie in Verbindung zu bringen.“

„Wie konntest du sie einfach mit Geld abspeisen, als sei sie ein Niemand? Meine Mutter war eine hart arbeitende, gottesfürchtige Frau.“ Lucy beobachtete, wie die Sonne allmählich unterging. Sie war völlig ausgelaugt.

„Das ist doch alles so lange her. Ich war damals anders – das waren wir alle. Ich musste meine Familie und unseren guten Ruf beschützen. Ich war nicht mit einem einfachen Mann verheiratet, ich war die Frau eines Gouverneurs.“ Clare erhob sich und ging zu einem Kleiderschrank. „Du musst mir heute Abend nicht vergeben. Du musst mich nicht einmal mögen. Aber bitte, sprich mit Gott darüber.



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