Schau dich nicht um Roman by Joy Fielding

Schau dich nicht um Roman by Joy Fielding

Autor:Joy Fielding
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Herausgeber: Goldmann
veröffentlicht: 2010-11-03T23:00:00+00:00


15

Am folgenden Samstag meldete sich Jess bei einem Selbstverteidigungskurs an.

Es war eine seltsame Woche gewesen. Am Dienstag hatte die Anklage ihre Beweisführung gegen Terry Wales abgeschlossen. Eine Reihe von Zeugen - Polizeibeamte, medizinische Gutachter, Psychologen, Augenzeugen, Freunde und Verwandte der Toten - hatte ausgesagt. Aufgrund ihrer Aussagen war der eindeutige Beweis erbracht, daß Terry Wales seine Frau getötet hatte. Die einzige Frage, die blieb - die quälende Frage, die von Anfang an bestanden hatte -, war die, ob es sich um vorsätzlichen Mord oder um Totschlag handelte. Würde es Terry Wales gelingen, die Geschworenen davon zu überzeugen, daß alles nur ein tragisches Mißgeschick gewesen war?

Er hatte jedenfalls einen sehr erfolgreichen ersten Schritt in dieser Richtung getan. Am Mittwoch morgen war er zu seiner eigenen Verteidigung in den Zeugenstand getreten und hatte die wohlbedachten Fragen seines Anwalts bedächtig und überlegt beantwortet. Ja, er neige zum Jähzorn. Ja, er und seine Frau hatten gelegentlich handgreifliche Auseinandersetzungen gehabt. Ja, er hatte ihr einmal das Nasenbein gebrochen und ihr das Auge blau geschlagen. Ja, er hatte ihr gedroht, sie umzubringen, wenn sie je versuchen sollte, ihn zu verlassen.

Aber nein, es war ihm nie wirklich ernst gewesen damit. Nein, er hatte ihr niemals weh tun wollen. Nein, er war gewiß kein gefühlloser, kaltblütiger Killer.

Er habe seine Frau geliebt, sagte er, die blaßblauen Augen auf die Geschworenen gerichtet. Er habe sie immer geliebt. Auch als sie ihn vor seinen Freunden beschimpft und verspottet hatte. Auch als sie sich in blinder Wut auf ihn gestürzt hatte, um ihm die Augen auszukratzen, und er sich aus reiner Notwehr hatte verteidigen müssen. Auch als sie gedroht hatte, ihm alles zu nehmen, was er besaß. Auch als sie gedroht hatte, seine eigenen Kinder gegen ihn aufzuhetzen.

Er hatte ihr nur einen Schrecken einjagen wollen, als er mitten auf der geschäftigen Straßenkreuzung diesen Pfeil abgefeuert hatte. Er hatte keine Ahnung gehabt, daß sein Schuß tödlich sein würde. Wenn er sie hätte töten wollen, so hätte er eine Schußwaffe benützt. Er hatte mehrere, er war ein geübter Schütze, Pfeil und Bogen hingegen hatte er nicht mehr in der Hand gehabt, seit er als kleiner Junge im Sommerlager gewesen war.

Am Ende seiner Vernehmung war Terry Wales in Tränen aufgelöst, seine Stimme war heiser, sein Gesicht bleich, voll roter Flecken. Sein Anwalt mußte ihm vom Zeugenstand herunterhelfen.

Jess und ihre beiden Mitarbeiter waren die halbe Nacht aufgeblieben. Noch einmal hatten sie die Aussage jedes einzelnen Zeugen überprüft, die Polizeiberichte studiert, um vielleicht etwas zu entdecken, was sie zuvor übersehen hatten, was Jess am nächsten Tag bei ihrem Kreuzverhör Terry Wales’ von Nutzen sein konnte. Nachdem Neil und Barbara niesend und hustend abgezogen waren, hatte Jess den Rest der Nacht im Büro verbracht und war erst am nächsten Morgen um sechs in ihre Wohnung gefahren, um zu duschen und sich umzuziehen.

Aber als sie am Donnerstag morgen in den Gerichtssaal kam, vertagte Richter Harris den Prozeß bis zum folgenden Montag. Der Angeklagte fühlte sich nicht wohl, so schien es, und die Verteidigung hatte eine Vertagung von mehreren Tagen beantragt.



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