Ruscha, der Fischotter by Lothar Streblow

Ruscha, der Fischotter by Lothar Streblow

Autor:Lothar Streblow
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: SAGA Egmont
veröffentlicht: 2018-06-20T00:00:00+00:00


Tödliches Wasser

Es war schon Nacht, als die drei Otter die Mündung in den Unteren See erreichten, eine dunkle, mondlose Nacht. Vom Land her jedoch schimmerte eine seltsame Helligkeit, zogen sich Lichterketten am Ufer entlang. Und ab und zu flirrte ein greller Schein über das nächtliche Wasser.

So viel Licht bei Nacht kannte Ruscha noch nicht. Sie schwamm hinter ihrer Mutter her, aber sie fühlte sich nicht wohl. Das Wasser schmeckte sehr eigenartig. Und auf den vom Wind leicht bewegten Wellen trieben sonderbare Gegenstände. Einmal stupste sie spielerisch gegen etwas, das aussah wie eine große luftgefüllte Blase. Aber das Ding war hart und tat ihr weh an der Nase. Mit einem Schmerzlaut zuckte sie zurück.

Besorgt schwamm die Fähe an ihre Seite. Doch Ruscha hatte sich schon von dem Schreck erholt. Nun wich sie aus, wenn ihr ein fremdartiges Gebilde begegnete. Und in diesem See trieb viel Seltsames, das nicht ins Wasser gehörte. Nur Fische gab es wenig.

Silm hatte inzwischen etwas anderes entdeckt. Auf den Wellen tanzte träge ein Tennisball. Und dieses auf und nieder wippende runde Ding reizte ihn. Immer wieder stupste er davor, drückte es mit den Vorderpfoten unter Wasser und ließ es emporschnellen.

Davor hatte Ruscha keine Angst. Sie versuchte, Silm den Ball abzujagen. Und sie erwischte ihn auch, als Silm gerade mal nicht aufpaßte. Verspielt tollte sie mit dem Ball durchs Wasser. Jetzt jagte Silm hinter ihr her. Und auch die Fähe, die ihre Kinder in der Weite des Sees nicht aus den Augen lassen wollte, spielte mit.

Plötzlich wurde das Spiel jäh unterbrochen. Vom lichtübersäten Ufer her näherte sich ein dunkler Schatten, schien genau auf die drei Otter zuzusteuern, kam rasend näher, mit aufbrummendem Dröhnen. Positionslampen spiegelten sich in den Wellen. Und schaumig quirlte das aufgewühlte Wasser hinter der Schiffsschraube.

Die Fähe reagierte sofort. Geschickt wich sie aus. Und ihre Kinder folgten ihr in panischer Angst. Der Ball aber verschwand unter dem Kiel des achtlos vorbeiziehenden Motorboots.

Erst als das Dröhnen längst verklungen war, beruhigte Ruscha sich wieder. Doch beim Ausweichen waren die drei dem Ufer ziemlich nahe gekommen. Im Widerschein der Straßenlaternen hoben sich ihre dunklen Köpfe deutlich gegen die Wasserfläche ab. Und wenn ein Auto in einer Biegung mit seinen Scheinwerfern über den nächtlichen See wischte, traf sie ein blendender Schein. Dann tauchten die Otter fluchtartig weg. Und die Fähe wandte sich der Seemitte zu. Diese Ufer waren zubetoniert und lebensfeindlich. Hier gab es keinen Platz mehr für Otter.

Die Fähe wußte das. Schon bei ihren letzten Wanderungen hatte sie den See nur rasch durchschwommen, um in einem der Zuflüsse wieder aufwärts in weniger besiedelte Gebiete zu ziehen. Früher war auch dieser See von Ottern bewohnt gewesen, als die Ufer noch grün waren. Doch das lag lange zurück. Und auch jetzt steuerte die Fähe die vertraute Flußmündung an.

Kurz vor der Mündung des Flüßchens lag eine winzige, grasbewachsene Insel aus Schwemmsand. Manchmal hatte die Fähe hier gerastet, um einen der wenigen erbeuteten Fische zu verzehren. Doch diesmal kam sie ohne Beute. Schon wollte sie daran vorbeiziehen, da bemerkte sie am sandigen Strand der Insel eine schwache Bewegung.



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