Roman by Lesley Pearse

Roman by Lesley Pearse

Autor:Lesley Pearse [Pearse, Lesley]
Die sprache: de
Format: mobi
Tags: Roman
Herausgeber: Lübbe
veröffentlicht: 2010-12-31T23:00:00+00:00


Während Mark an diesem Abend in seiner Dunkelkammer die Fotos von Josie entwickelte und die zum Trocknen aufgehängten Abzüge mit diebischem Vergnügen betrachtete, lag Josie auf ihrem Bett und weinte. Sie war verängstigt, verwirrt und wusste weder aus noch ein. Die volle Tragweite dessen, was Mark ihr über Beetle und seine schmutzigen Machenschaften erzählt hatte, war ihr erst bewusst geworden, als er sich vor dem Restaurant von ihr verabschiedet hatte. Hätte sie von vornherein gewusst, dass sie sich vor alten Lustmolchen entblößen sollte, hätte sie den Job niemals angenommen, nicht einmal für hundert Pfund am Tag.

Aber jetzt wusste sie es, und beim bloßen Gedanken daran, ins Studio zurückzukehren, bekam sie eine Gänsehaut. Sie war kein Flittchen, die anderen Mädchen vielleicht, sie nicht. Sie war noch immer Jungfrau und hatte keinem Jungen mehr erlaubt, als sie obenherum anzufassen.

Wovon sollte sie leben, wenn sie den Job im Studio hinschmiss? Sie besaß noch ungefähr drei Pfund, und in vier Wochen war die nächste Miete in Höhe von hundert Pfund fällig. So viel Geld konnte sie nirgends sonst verdienen.

Der einzige Strohhalm, an den sie sich klammern konnte, war Mark und die Aussicht auf einen Job als Model. Aber wenn er nun nichts mehr von sich hören ließ?

Sie wünschte, sie hätte diese Wohnung nie gesehen. Ihr fiel ein, dass es Candy und Tina gewesen waren, die sie gedrängt hatten, sich etwas Luxuriöses zu suchen. Waren sie in Beetles Geschäfte eingeweiht? Lachten sie heimlich über sie, das Dummchen vom Land? Sie hatte Beetle vertraut, doch jetzt hegte sie den Verdacht, dass er die Sache mit der kostspieligen Wohnung bewusst arrangiert hatte, damit sie gezwungen war, weiter bei ihm zu arbeiten.

Josie krallte die Hände in die Daunendecke, die er ihr geschenkt hatte. Sie hatte das für eine großzügige Geste gehalten, doch jetzt kam es ihr eher wie ein Bestechungsversuch vor: Sie sollte arbeiten und keine Fragen stellen. Josie wusste nicht, auf wen sie wütender war, auf Candy und Tina, auf Beetle oder auf sich selbst. Wie hatte sie nur so dämlich sein können?

Zum ersten Mal, seit sie von zu Hause fortgegangen war, sehnte sich Josie nach ihrer Mutter, nach einer Umarmung, nach dem Gefühl der Geborgenheit. Cornwall mochte langweilig sein, aber wenigstens konnte sie den Menschen, die dort lebten, vertrauen.

Wind kam auf und rüttelte an den Fenstern, und sie dachte an zu Hause. Der Waldweg zur Straße war jetzt von einer hohen Laubschicht bedeckt, einem Teppich in Braun-, Gold- und Orangetönen. Wenn sie das Fenster öffnen würde, würde sie die Brandung hören können, und die Schafe würden sich im Schutz der Hecken aneinander drängen.

Sie stieg aus dem Bett und trat ans Fenster. Die Pfützen auf dem Asphalt und die schmierige Schicht festgefahrener Blätter glitzerten im Licht der Straßenlampen. Überall sah sie hell erleuchtete Fenster, trotzdem kannte sie hier keinen Menschen. Auf der Farm waren ringsum keine Lichter zu sehen, aber ihre Familie und sie kannten jeden im Umkreis von zehn Meilen und wussten, im Notfall wären die Nachbarn zur Stelle.

Sie verscheuchte das Heimweh. Es half nichts: Morgen würde sie zu Beetle zurückkehren müssen.



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