Robin Tod by Fischer

Autor:Fischer
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2014-07-15T00:00:00+00:00

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Die Morgensonne bedeckte Monikas Haut mit zarten Küssen. Der Wind streifte sie in noblem Gewand, als hätte er einen geheimen Schleier an. Sie fühlte sich wie eine Fee, federleicht, auf dem Weg in ihr Reich.

In einem kurzen knappen Sommerkleid, das aussah, als wolle Monika zur nächsten Open-Air-Party aufbrechen, betrat sie das Nachbarhaus. Es war noch sehr früh am Morgen, aber Jerrys Auto stand nicht im Hof. Er war scheinbar schon arbeiten.

Waschen. Bügeln. Umschauen. Diese Reihenfolge hatte sie sich vorgenommen. Denn ganz geheuer war ihr die gestrige Entdeckung nicht.

Nicht dass sie neugierig gewesen wäre, aber sie interessierte schon, was Jerry trieb. Jetzt, wo er ganz alleine war in dem Haus, in dem ihre beste Freundin Hand an sich gelegt hatte.

Mit Jerry konnte sie nicht über Kathrines Tod reden. Dreimal hatte sie es versucht, dreimal hatte er abgeblockt. In dieser Hinsicht war er verschlossen und unzugänglich wie der Vatikan.

Mit diesen Gedanken im Kopf widmete sie sich der Wäsche und hatte im Nu eine Maschine angestellt. Dann stellte sie das Bügelbrett auf und begann über seine Hemden zu fahren. Glatt und rein. Sie stellte sich vor, wie er aus dem Bett, ihrem gemeinsamen, aufstand, eines davon anzog und zur Arbeit ging. Ein Traum, den sie genoss.

Er arbeitete zurzeit bei einer Bank, obwohl er kein Banker war. Er war irgendwas wie Administrator. Mehr wusste sie nicht. Wollte sie auch nicht. Nur er selbst, er als Mensch, interessierte sie. Dabei kannte sie ihn gar nicht so gut. Sie wusste weder, woher er kam, noch ob er Geschwister hatte oder seine Eltern noch lebten. Über diese Dinge hatten sie nie gesprochen. Aber das würde sie nachholen. Das war ihr wichtig.

Sie merkte gar nicht, wie die Zeit verging und die Bügelwäsche stetig abnahm, bis auch Jerrys letzte Socke gebügelt war. Die Waschmaschine machte die letzten Drehungen und sie ging ins Obergeschoss. Die Vorhänge in Jerrys Arbeitszimmer waren über den Winter gelblich geworden. Vor langer Zeit schienen sie einmal weiß gewesen zu sein. Sie musste dringend Abhilfe schaffen. Sie nahm einen Stuhl und trat mit dem rechten Fuß auf den Schreibtisch, um an die Aufhängung der Vorhänge zu gelangen. Vor dem Laptop lag ein Blatt mit einigen Zeilen darauf. Die Überschrift lautete Liebe Kathrine.

Die Neugier sprang sie an wie ein hungriges Tier auf der Jagd nach Beute. Sie schaute sich um. Natürlich war sie alleine im Haus. Und sie konnte sich nicht zurückhalten. Sie musste lesen:

meine Liebe zu dir ist wie ein gerade geschlüpfter Schmetterling, der anfängt die Welt zu entdecken.

Monika war augenblicklich so ergriffen, dass ihr eine Träne die Wange herunterrann und ein kleiner Seufzer über die Lippen kam.

Heute habe ich von deinem Blut geträumt. Wie es auf den Boden tropfte und zum See wurde, in den ich eintauchen wollte, um darin zu versinken. Aber es gelang mir nicht. Über und über mit Blut bespritzt tauchte ich immer wieder auf, als wollte mich irgendetwas dem See entreißen.

Ich schreibe dir, weil du der einzige Mensch bist, der mir zuhört, auch wenn du nicht hier an meiner Seite bist. Dem ich mich anvertrauen kann.

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