Riley 06 - Blaue Nacht by Buchholz Simone

Riley 06 - Blaue Nacht by Buchholz Simone

Autor:Buchholz, Simone [Buchholz, Simone]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Suhrkamp Verlag
veröffentlicht: 2016-03-06T16:00:00+00:00


2006, im Herbst.

FALLER, GEORG

Er hat mich atomisiert. In Stücke zerrissen, zu Staub zerschossen, unsichtbar gemacht. Und wenn mich doch einer sieht, geht er mir aus dem Weg.

So ist das, wenn keiner genau weiß, was passiert ist, aber alle wissen: Das, was passiert ist, war aus der Abteilung Hardcore.

Das Mädchen in der blutigen Unterwäsche begegnet mir jede Nacht im Traum.

RILEY, CHASTITY

Wir waren einen trinken, der Faller und ich. Ordentlich einen trinken.

Dann bin ich umgekippt. K.O.-Tropfen, schätze ich. Oder so was in der Art.

Als ich morgens aufgewacht bin, auf einer Bank neben dem Tresen, an dem wir in der Nacht zuvor getrunken hatten, war der Faller nicht mehr da.

Ich hab ihn im ersten Stock über der Bar gefunden, die Tür war auf. Ich wusste, dass ich da hochgehen muss.

Er lag auf einem Bett, neben ihm ein Mädchen in blutverschmierter Unterwäsche. Auf dem Mädchen lag ein Zettel:

Halt dich raus, alter Mann.

Weil ich nicht wusste, was ich tun sollte, hab ich Klatsche angerufen. Der war sofort da, mit Blaulicht auf dem Kopf. Er hat das Mädchen weggebracht.

Ich hab dem Faller die Hand gehalten und den Calabretta angerufen, damit der den Faller wegbringt.

Wenn wir jemals rauskriegen, wer das Mädchen war und was mit ihm passiert ist, wird vielleicht auch das Eis abtauen, mit dem der Faller sich seit jener Nacht eingewickelt hat.

KLASSMAN, HENRI

Meine Nachbarin hat mich angerufen. Sie hat gesagt, es gäbe einen Notfall. Sie wüsste nicht, wer außer mir helfen könnte.

Dass es so ein schlimmer Notfall sein könnte, hatte ich mir nicht vorstellen können. Da saß ein alter Kripomann auf einem Bett. Neben ihm ein totes Mädchen. Er konnte sich an nichts erinnern.

Meine Nachbarin sagte, ihr Kollege wäre reingelegt worden und hätte nichts zu tun mit dem Tod des Mädchens.

Er sah erst sie und dann mich an. Augenfarbe: düster.

Ich hab ihnen geglaubt. Das sind gute Leute, meine Nachbarin und ihr Kollege.

Ich hab meinen Opa angerufen. Der ist Totengräber hinterm Deich. Er hat das geregelt. Was ich an der Sache so traurig finde: dass es niemanden gibt, der das Mädchen vermissen wird, zumindest nicht hier in Deutschland.

CALABRETTA, VITO

Mein Chef saß auf der Kante dieses Bettes.

Ein schlimmes Bett. Überall Dreck und Blut.

Er saß da. Zusammengefallen. Als wär ihm der Leibhaftige begegnet.

Ich hab ihm hochgeholfen, ich hab ihn rausgeführt, durch den Sturm, der an diesem Morgen getobt hat, ich hab ihn in mein Auto gesetzt und nach Hause gefahren. Er wollte nicht aussteigen.

Zwei Stunden haben wir im Auto gesessen, und er hat auf seine Haustür gestarrt. Als wäre das, was passiert ist, erst dann wahr, wenn er sich wieder bewegt. Wenn er seine Haustür aufmacht und es in sein Leben lässt.

Ich weiß nicht, was genau passiert ist. Ich frag auch nicht.

Mein Chef ist wie tiefgefroren.

VELOSA, CARLA

Als ich den alten Faller gefragt hab, ob er ein Bier haben will, hat er mich angekuckt, als hätte ich ihm ein paar Teenienutten auf Toast angeboten.

Ich trinke nicht mehr, hat er gesagt. Nie mehr.

Was da wohl wieder los war.

Aber mir erzählt ja keiner was.

MALUTKI, ROCCO

Ich war kurz zu Hause in Hamburg. Schwieriges Pflaster im Moment.



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