Ricou4 by Wickert Ulrich

Autor:Wickert, Ulrich [Wickert, Ulrich]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2014-06-01T22:00:00+00:00

Das Gebäude der Polizeidirektion Mitte lag nicht weit entfernt vom Leichenkommissariat, ein langweiliger Bau, dachte Jacques, wie er höchstens in der Banlieue von Paris oder in Lyon oder Marseille stehen könnte. Kriminaldirektor Daniel Dörr, ein drahtiger Mittvierziger mit Dreitagebart, empfing sie im Hemd. »Bitte legen Sie doch Ihre Jacken ab bei dieser Affenhitze.« In Berlin war es fast noch heißer als in Paris. Im Konferenzraum des Referats Verbrechensbekämpfung stellte er ihnen fünf Mitarbeiter vor. Jacques konnte sich vor lauter Kriminal-Ober-Haupt-Meister-Erster-Rat-Kommissar weder Dienstbezeichnung noch Namen merken. Aber er hatte den Eindruck, einer hellwachen Truppe gegenüberzusitzen.

Bodo brachte zwei große Teller mit frisch belegten Broten, reichte sie herum und sagte jedem, der eine Schnitte nahm: »Boži chl b – Gottesbrot heißt das bei uns Sorben.« Dörr lachte. »Greifen Sie zu. Bodo backt dieses Roggensauerteigbrot höchstpersönlich nach altem sorbischen Rezept. Er hasst die durchgeweichten Brötchen, die uns die Kantine hinstellt. Und unser Kaffee ist auch gut.«

»Also stark?«, fragte Jacques.

»Na klar, kann Tote erwecken.«

»Es gibt deutliche Überschneidungen mit unserem Fall in Paris«, sagte Jacques und schilderte den Mordfall Gina aus der Sicht, die Margaux mit ihren Artikeln vorgegeben hatte. »Gina verdient ihr Geld als Model, will sich aber als Studentin für Mathematik einschreiben, weil sie in diesem Fach außerordentlich begabt ist. Sie ist seit einiger Zeit mit einem Russen namens Michail befreundet, der für die Pariser Niederlassung eines georgischen Handels- und Finanzunternehmens arbeitet, das auch an der Modelagentur beteiligt ist, für die Gina arbeitet. So weit die Tatsachen. Dann hat Gina einer Cousine, die Journalistin ist, erzählt, sie versuche sich in das Programm dieser Firma einzuhacken, denn sie habe aus dem, was Michail erzähle, den Eindruck, es gehe dort um Wirtschaftsspionage im Internet oder gar Geldwäsche. Die Journalistin war heiß auf einen Coup und hat Gina deshalb bestärkt weiterzumachen. Welche Rolle Michail dabei spielt, wissen wir noch nicht. Und womit dieses Unternehmen wirklich handelt, haben wir bisher auch noch nicht eindeutig geklärt. Das ist ein bisschen kompliziert, denn es wird von oben protegiert.«

»Wie kann das denn sein?«, fragte der Kriminaldirektor erstaunt. »Falls da jemand aus der Regierung seine Finger drin hat, steckt man das der Opposition, und schon fliegt der auf.«

Jacques seufzte und überlegte, wie offen er sein sollte. Dann sagte er nur: »Das ist in Frankreich ein wenig anders. Aber lassen wir das.«

In knappen, präzisen Worten schilderte er alles, was sie über das Feuer in dem Kahn und den Tod Ginas, der möglicherweise durch Waterboarding verursacht worden war, wussten.

»Die Verbindung zum Fall Irina ergibt sich erstens durch Michail, der uns allerdings vor einigen Tagen durch die Lappen gegangen ist, als er sich mit Irina in einem Hotel in Paris traf. So wie der Täter hier war Michail in Paris über die Dächer zum Hotelzimmer geflitzt. Hier sind die Abdrücke von Turnschuhen gefunden worden. In Paris hat Michail auch Turnschuhe getragen und Spuren der Sohlen hinterlassen. Wir haben Fotos von Michail und reichlich DNA-Proben.«

»Sie haben festgestellt, dass eine Person abends ganz normal mit dem Aufzug in den fünften Stock gefahren ist und mit einer regulären

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