Return Man: Roman (German Edition) by Zito V.M

Return Man: Roman (German Edition) by Zito V.M

Autor:Zito, V.M. [Zito, V.M.]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Random House DE
veröffentlicht: 2013-02-10T23:00:00+00:00


Killer

8.1

Wu presste sich flach auf den Kamm des Hügels und verschmolz förmlich mit ihm; der Hautton harmonisierte mit dem Lehm, und die Bizepsmuskeln waren hart wie Stein. Er war ein Raubtier auf der Jagd, lag mit angespannten Sinnen auf der Lauer, bevor er zum Angriff ansetzte. Das war seit jeher seine Stärke gewesen, auch schon als Junge – als er seine Brüder beim Katz-und-Maus-Spiel übertrumpfte, das sie in den unbefestigten Seitenstraßen des Dorfs in Qinghai spielten, wo er seine Kindheit verbracht hatte. Er kannte noch immer diesen Kinderreim:

Die Kaulquappen im Ententeich

haben Füße nicht sogleich,

die wachsen später erst dem Tier.

Sie geben ab ihre Kiemen dafür,

dann verlieren sie ihr Schwänzelein,

ich möchte nie eine Kaulquappe sein.

Kheng Wu habe die Augen eines Kriegers, hatten die Bewohner der Stadt gesagt. Grün – die Farbe der Legende. Es war das Erbmal von Crassus’ verlorener Legion, der römischen Soldaten, die vor zweitausend Jahren in Gansu verschollen waren. Gerüchten zufolge waren sie als Söldner nach China weitergewandert und hatten auf ihrem langen Marsch exotische neue Blutlinien gezeugt. Und der junge Wu hatte bestimmt Soldatenblut in den Adern; sein Herz schlug mit der Wucht einer Kanone, und die seltenen grünen Augen funkelten, wenn er die Beute jagte und in den Schmutz warf. Er war der geborene Killer. Stark und rücksichtslos, aber nicht grausam – obwohl die Spiele immer eine Seite von ihm zum Vorschein brachten, die sonst verborgen blieb. Einmal losgelassen war er nicht mehr zu bändigen. Er nahm seine Brüder so hart ran, dass sie zum Schluss völlig erschöpft und blutig waren. Oft hatte er Jiang – der arme Jiang, der Langsamste, den man am leichtesten ausmanövrieren und übertölpeln konnte – zu Boden geworfen und so getan, als ob er ihn fressen wollte, während die anderen Jungen den siegreichen Tiger bejubelten. Und dann hatte Wu ihm mit der großmütigen Geste des Siegers wieder auf die Beine geholfen, und sie waren zur Wasserpumpe gegangen, um den Schmutz aus Jiangs aufgeschürften Ellbogen zu waschen. Anschließend waren sie zum Abendessen in Bao Zhis Hütte zurückgekehrt.

Und nach all diesen Jahren war aus dem Spiel nun Ernst geworden.

In ungefähr dreißig Metern Entfernung sah er auf der Böschung den gefangenen Marco, der mit Handschellen an ein Quad gefesselt war. Ein abgerissener bärtiger Mann in zusammengewürfelter Bekleidung hockte neben dem Amerikaner.

Wer war dieser Feind? Dass er kein richtiger Soldat war, stand schon einmal fest – Wu war sich sicher, dass er keiner regulären Armee angehörte. Allem Anschein nach war der Mann ein Deserteur. Miliz?

Ja. Ein Extremist in einer Privatarmee, vermutete Wu; schon vor der Auferstehung war Amerika von solchen Spinnern geplagt worden; von solchen Typen, deren Braut ihr Gewehr war.

Doch dieser Mann hatte es speziell auf Marco abgesehen – hatte ihn entführt. Und Wu hatte vor ein paar Augenblicken gehört, dass der Soldat Roger Ballards Namen erwähnt hatte.

Welche Miliz verfügte über ein solches Wissen, das sonst nur hochrangigen Geheimnisträgern vorbehalten war?

Und plötzlich wusste Wu Bescheid. Er spähte zu dem Quad und musterte es gründlich. Es war ein Modell »Eber« mit verbesserter Geländegängigkeit und Spezialausstattung für den militärischen Einsatz.



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