Reni und die Ponys by Lise Gast

Reni und die Ponys by Lise Gast

Autor:Lise Gast [Gast, Lise]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Saga
veröffentlicht: 2016-04-14T00:00:00+00:00


Erde, die es uns gebracht,

Sonne, die es reif gemacht –

Gott gab Sonne, Gott gab Erde,

Gottes nicht vergessen werde!

Reni kannte den Vierzeiler noch nicht und fand ihn schön.

„Von dir?“ fragte sie halblaut. Sie wußte, daß Christian manchmal Verse schmiedete. Er schüttelte den Kopf. Vater brummte:

„Reni, ich seh in Abgründe deiner Bildung! Schon die alten Ägypter pflegten dies zu beten.“

„Die Babylonier“, verbesserte Christian milde, und wenn Mutter jetzt nicht energisch eingegriffen und bestimmt hätte, über Tischgebete dürften keine dummen Witze gemacht werden, so hätte man das Thema sicher totgehetzt, und weder der Salat noch die neuen, hellschaligen Pellkartoffeln wären voll gewürdigt worden.

„Es sind die ersten neuen Kartoffeln des Jahres, die wir bekommen“, sagte Tante Mumme und schälte mit flinken Fingern. „Dabei darf man sich was wünschen.“

„Was denn?“ fragte Reni ein wenig hinterhältig. Die vergnügte Stimmung bei Tisch schien ihr geeignet für ihre Pläne.

„Hast du denn immer noch Wünsche?“ knurrte Vater und tat sehr beschäftigt mit seinem Teller. „Ich dachte, dein Herz hätte nun alles, was es je begehrte: eine richtige Familie, zwei Brüder, einen großen und einen kleinen, Ponys – und noch dazu Erika hier. Mehr kann man sich doch wahrhaftig nicht ersehnen.“

„Du vergißt, daß ich heute sogar noch etwas Zusätzliches bekommen habe: die schönste Reithose der Welt“, lachte Reni.

„Na siehst du. Und?“

„Und? Reithosen wollen benutzt werden!“

„Das tust du doch jeden Tag, denke ich?“

Die andern aßen und taten so, als merkten sie gar nicht, was hier gespielt wurde. Sie wußten es aber alle. Die große Überraschung hing so offensichtlich in der Luft, daß man sie hätte greifen können. Erika brachte vor Spannung fast keinen Bissen mehr hinunter und trat Reni nachdrücklich auf den Fuß, daß die beinah: „Au, laß doch!“ gestöhnt hätte. Nur mit Mühe verbiß sie es.

„Na, dann kommt mal mit, ehe der kleine Schreihals aufwacht“, sagte Vater, als alle fertig waren.

Mutter ärgerte sich jedesmal, wenn Vater Brüderchen so nannte. Brüderchen war wirklich kein ewig schreiender Säugling, er lag oft stundenlang wach im Körbchen, spielte mit seinen Füßen und gurrte vor sich hin. Vater lachte und faßte Mutter unter.

„Du bist beinah wie Reni, die auch auf jeden Leim kriecht“, sagte er vergnügt. „Kommt, meine Trabanten, wir machen einen kleinen Spaziergang.“

Reni wunderte sich. Um ihr zu sagen, daß sie von nun an im Reitverein mitmachen dürfe, brauchte man doch nicht spazierenzugehen. Vater tat das sonst nie nach dem Essen, dazu war er viel zu müde, überbeansprucht, wie Ärzte nun einmal sind. Er legte sich, wenn irgend möglich, nach Tisch kurz hin, und es war Renis Ehrenpflicht, ihn zur Couch zu begleiten und für alles zu sorgen, was er gern hatte: Vorhänge zuziehen, die Zeitung bereithalten, das Telefon umstöpseln. Heute aber wollte er Spazierengehen.

„Verstehst du das?“ fragte sie Christian halblaut. Der zuckte die Achseln.

Gleich darauf verstanden sie es. Vater dirigierte die Schar zur Liegewiese, wo die Ponys jetzt wegen der Sommerwärme tagsüber im Schuppen standen, geschützt vor Hitze und Fliegen. Im selben Augenblick aber, als sie um die Ecke bogen, hörte man es poltern, und dazu erklang ein schrilles Gewieher, so, wie es



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.