Regenzauber by Dennis Lehane

Regenzauber by Dennis Lehane

Autor:Dennis Lehane [Lehane, Dennis]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-01-07T05:00:00+00:00


Kapitel 20

An dem Nachmittag, als ich Vanessa Moore in einem Straßencafe in Back Bay traf, rieselte Regen auf den von der Sonne aufgeheizten Asphalt. Sie hatte mich angerufen und gefragt, ob wir uns treffen könnten, um den Fall Tony Traverna zu besprechen. Vanessa war Tony Ts Anwältin; wir hatten uns kennen gelernt, als Tony beim letzten Mal die Kaution sausen ließ und verschwand und ich als Zeuge der Staatsanwaltschaft auftrat. Vanessa hatte mich auf die gleiche Weise ins Kreuzverhör genommen, wie sie sich auch im Bett verhielt: emotionslos lüstern und mit scharfen Fingernägeln.

Ich hätte Vanessas Einladung ablehnen können, aber seit dem Abend, als wir für Diane Bourne gekocht hatten, war eine ganze Woche vergangen, in der wir vier Schritte rückwärts gemacht hatten. Wesley Dawe schien nicht zu existieren. Er war weder auf Volkszählungslisten noch bei der Kfz-Meldestelle erfasst. Er besaß keine Kreditkarte. Er hatte weder ein Bankkonto in Boston noch irgendwo sonst im Staate Massachusetts, und als Angie schließlich verzweifelte und nachforschte, fand sie nicht einmal jemanden dieses Namens in New Hampshire, Maine und Vermont verzeichnet.

Wir hatten noch einmal Diane Bournes Praxis aufgesucht, aber sie hatte sich unseren Rat offenbar zu Herzen genommen. Die Praxis war geschlossen. Wie wir kurz darauf feststellten, war ihre Wohnung verlassen. Sie war seit einer Woche nicht mehr da gewesen und eine flüchtige Durchsuchung ergab, dass sie Kleidung für eine Woche mitgenommen hatte. Danach musste sie entweder in den Waschsalon oder neue Klamotten kaufen.

Die Dawes fielen ins Wasser. Im wahrsten Sinne des Worte, wie ich herausfand, als ich mich am Telefon als Patient des Doktors ausgab und mir gesagt wurde, sie seien in ihrem Sommerhaus in Cape Breton, Nova Scotia.

Wir mussten auf Angie verzichten, weil sie von Sallis & Salk beauftragt wurde, einen schmierigen südafrikanischen Diamantenhändler mit einer Mannschaft Bodyguards rund um die Uhr bei seinen Aktivitäten zu überwachen, was auch immer so ein schmieriger Diamantenhändler in unseren Gefilden trieb.

Und Bubba tat wieder das, was er so tat, wenn er außerhalb des Landes Material aufkaufte, mit dem er die ganze Ostküste in die Luft sprengen konnte.

Ich hing also ein wenig in der Luft, ohne rechte Beschäftigung, als ich Vanessa traf, die im Freien unter einem großen Cinzano-Sonnenschirm saß. Der weiche Nieselregen prallte vom Kopfsteinpflaster ab und benetzte ihre Knöchel, doch der schmeideeiserne Tisch und der Rest von Vanessa blieben trocken.

»Hey«, ich beugte mich vor und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Sie schob mir zur Erwiderung die Hand unter die Jacke.

»Hi.« Sie beobachtete mich mit ihrem typischen belustigten Blick, mit ihrer kraftvollen Munterkeit, die alles für sich in Beschlag nahm. Ausschlaggebend war, ob sie es haben wollte.

»Wie geht's dir?«

»Gut, Patrick. Du bist nass.« Sie trocknete sich die Hand mit der Serviette. Ich verdrehte die Augen und wies nach oben zum Himmel. Der Schauer hatte mich auf dem Weg vom Auto zu ihr überrascht, war aus einer Wolke herausgebrochen, die einsam am Bilderbuchhimmel hing.

»Ich beschwer mich ja gar nicht«, sagte sie. »Nichts sieht an einem schönen Mann in einem weißen T-Shirt besser aus als ein bisschen Regen.



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