Rachezeit by Emelie Schepp

Rachezeit by Emelie Schepp

Autor:Emelie Schepp
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Blanvalet Taschenbuch Verlag
veröffentlicht: 2021-09-20T07:45:39+00:00


17

Die Unterkunft lag in einem grünen Gebäude in der Sandgatan im Stadtzentrum. Mia hatte erwartet, dass die meisten Obdachlosen erst gegen Abend hierherkommen würden, doch die Räume waren schon voller Menschen. Fast alle standen an, um sich an der Durchreiche zur Küche einen Teller mit Makkaroni und Fleischbällchen zu holen. An einem Tisch saßen zwei wettergegerbte Männer mit fettigem Haar. Sie redeten laut und scherzten miteinander, verstummten aber, als Mia und Patrik zu ihnen traten.

»Wir suchen Olle Ljungberg«, sagte Patrik. »Wissen Sie, wo er steckt?«

»Der steht in der Küche und ist gerade heißbegehrt«, antwortete der eine und bedachte sie mit einem zahnlosen Lächeln.

Mia unterdrückte einen Rülpser, während sie und Patrik sich an der Schlange vorbei bis zur Küche vorarbeiteten. Sie hatte die Wurst und den Kartoffelbrei viel zu schnell in sich hineingestopft, aber der Kater war endlich auf dem Rückzug. Sosehr sie auch versuchte, sich auf Robert Karpins Geständnis zu konzentrieren, konnte sie dennoch nicht aufhören, an die Nacht mit dem Wikinger zu denken. Insgeheim betrachtete sie Patrik, der vor ihr ging: das blonde Haar, den breiten Nacken und den Rücken, in den sie ihre Nägel gegraben hatte. Mia spürte, wie sie errötete, während sie ihm in die Küche folgte.

Ein kräftiger Mann in langärmligem Pullover und einer ledernen Baskenmütze stand mit einer Kelle an der Durchreiche. Es dampfte aus zwei großen Behältern, die mit Fleischbällchen und Makkaroni gefüllt waren.

»Hallo, Patrik Wiking von der Polizei. Ich hatte vorhin angerufen.«

Der Mann wischte sich mit dem Pulloverärmel den Schweiß von der Stirn.

»Tut mir leid, dass ich vorhin keine Zeit hatte, aber es war hier gerade ein bisschen chaotisch, als Sie angerufen haben. Das ist öfter so, wenn es Mittagessen gibt.«

»Wie vorhin schon erwähnt, haben wir ein paar Fragen zu Robert Karpin«, fuhr Patrik fort.

»Ja, das habe ich noch verstanden«, sagte Olle Ljungberg und schob die Kelle zwischen die Fleischbällchen.

»Sie haben erwähnt, dass er zeitweise hier gewohnt hat.«

»Ja, früher ist er ab und zu hergekommen, aber das ist schon eine Weile her.«

»Wann hat er zuletzt hier gewohnt?«, fragte Mia.

Ljungberg schien nachzudenken.

»Vielleicht vor einem Monat«, antwortete er dann.

Etwa zum Zeitpunkt der Vrinnevimorde, dachte Mia.

»Und wie gut kennen Sie ihn?«

»Nicht so gut.«

Er zog die Kelle wieder aus dem Behälter und zählte die Fleischbällchen ab, ehe er sie auf einen Teller gab. Dann drehte er sich mit besorgter Miene zurück zu ihnen.

»Darf ich fragen, was eigentlich passiert ist? Hat Karpin etwas gestohlen? Ist er irgendwo eingebrochen?«

»Er hat bedeutend schlimmere Dinge getan«, meinte Mia.

»Hallo, gibt es heute noch was zu mampfen, oder wie?«, rief ein Mann mit rot geschwollener Nase durch die Durchreiche.

Ljungberg füllte Makkaroni auf den Teller und reichte ihn nach draußen.

»Wie würden Sie Robert Karpin beschreiben?«, fragte Patrik.

»Ach, was soll ich sagen?« Olle Ljungberg seufzte. »Dass er unberechenbar war, vielleicht? Wie die meisten anderen Drogenabhängigen. Aber auch dankbar, weil er herkommen und mal in Ruhe schlafen konnte. Leider haben wir keine Schlafplätze für alle, und natürlich ist es nervig für die Leute, dass sie dafür anstehen müssen, genau wie beim Essen jetzt. Das ist wohl auch der Grund, weshalb er sich im letzten Monat hier nicht hat blicken lassen.



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